Im vorliegenden Fall entschied das Oberlandesgericht Hamm über Umfang von Aufklärungspflichten im Rahmen einer Vereinbarung zum Zugewinnausgleich (Beschluss vom 17. Juni 2016, AZ. 3 UF 47/15). Dem Fall lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein geschiedenes Ehepaar ging bei Berechnung des Zugewinnausgleichs davon aus, dass hinsichtlich einer Immobilie hälftiges Miteigentum besteht. Das Haus hatten die Eheleute während der Ehe gebaut, der Ehemann fand heraus, dass er allein Eigentümer ist, klärte seine Frau hierüber jedoch nicht auf.
Das OLG Hamm entschied: Nehmen beide Ehegatten im Zugewinnausgleich zunächst irrtümlich an, dass ein von Ihnen auf einem Erbbaugrundstück gemeinsam errichtetes Haus in ihrem Miteigentum steht, kann den tatsächlich allein erbbauberechtigten Ehegatten eine Aufklärungspflicht gegenüber dem anderen über die Tatsache seines Alleineigentums treffen, wenn er erst während des Verfahrens von diesem Irrtum erfährt.
Denn tatsächlich war allein der Ehemann Inhaber eines Erbbaurechts an einem Grundstück, auf dem beide Ehegatten gemeinsam nach ihrer Heirat im Januar 1999 ein Einfamilienhaus mit einem Gesamtwert von rund 236.000 Euro erbaut hatten.
Das Paar trennte sich 2012; die Ehefrau zog mit den drei gemeinsamen Kindern aus.
In dem anschließend durchgeführten Scheidungsverbundverfahren begehrte die Ehefrau unter anderem den Zugewinnausgleich. Die dafür angestellten Berechnungen beider Ehegatten gingen zunächst übereinstimmend davon aus, dass hälftiges Miteigentum am Haus besteht. Auf dieser Grundlage verständigten sich die (geschiedenen) Eheleute im Wege eines Vergleichs darauf, dass der Ehemann gegen Zahlung von 15.000 Euro sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehefrau ausgleicht.
Das Oberlandesgericht befand nun, dass die Ehefrau die Eigentumsverhältnisse nicht überprüfen müsse. Einige Wochen vor dem Vergleichsschluss war dem Ehemann nämlich aufgefallen, dass er alleiniger Inhaber des Erbbaurechts war. Im Scheidungsverfahren verschwieg er diese Tatsache. Wenige Wochen nach dem Vergleichsschluss wies er seine Ehefrau dann per WhatsApp darauf hin, dass „er alleine im Grundbuch stehe und keine Rücksicht auf Verluste nehmen werde“. Die Ehefrau hatte den Vergleich daraufhin angefochten.
Das Oberlandesgericht vertrat die Auffassung, dass für den Ehemann eine Aufklärungspflicht über die Eigentumsverhältnisse bestand. Die Frau sei durch bewusst unterlassene Aufklärung arglistig getäuscht worden und deswegen zur Anfechtung berechtigt.
Nachdem beide Eheleute im Verfahren über einen längeren Zeitraum und auch übereinstimmend von ihrem Miteigentum ausgegangen seien, sei die Ehefrau nicht mehr gehalten gewesen, diese Tatsache vor dem Vergleichsschluss zu überprüfen, so der Senat. Demgegenüber sei der Ehemann, der die Fehlvorstellung durch seinen Vortrag zunächst noch bekräftigt habe, nach Bekanntwerden der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse gehalten gewesen, diese im Verfahren ungefragt zu offenbaren.
Ihm sei bekannt gewesen, dass der vom hälftigen Miteigentum ausgehende Vergleichsbetrag seine Ehefrau wirtschaftlich erheblich benachteilige und sie beim Aufdecken der Fehlvorstellungen einen deutlich höheren Zugewinnausgleich gefordert hätte.
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Dr. Claudia Erk
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin
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