Nicht nur Eltern müssen ihren Kindern Unterhalt zahlen, solange diese zur Schule gehen oder sich noch in einer Ausbildung befinden.
Diese Verpflichtung kann auch die Großeltern eines Kindes treffen, wenn die Eltern wegen mangelnder Leistungsfähigkeit keinen Unterhalt zahlen können oder sich der Unterhaltsanspruch rechtlich nur schwer durchsetzen lässt (§ 1607 BGB), so das Oberlandes-gericht Oldenburg.
Der Antragsteller ist der Enkel der Antragsgegner (seiner Großeltern) väterlicherseits, er lebt bei seiner Mutter, der Unterhalt gegen den Vater ist tituliert, der aber lediglich 30 Euro monatlich zahlt(e). Die Mutter ist Teilzeit beschäftigt.
Das Amtsgericht wies den Antrag gegen Großeltern ab, weil nicht ersichtlich sei, warum die Kindesmutter nicht vollschichtig erwerbstätig, und so den Barunterhalt für ihr Kind aufbringen könne. Anders entschied das Oberlandesgericht Oldenburg: Großeltern haften für den Unterhalt minderjähriger Kinder nachrangig, wenn ein vorrangig haftender Verwandter aufgrund des § 1603 BGB – d.h. mangels Leistungsfähigkeit – nicht unterhaltspflichtig ist (§ 1607 Abs. 1 BGB) oder wenn die Rechtsverfolgung – gegen den an sich leistungs-fähigen – vorrangig verpflichteten Verwandten ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist (§ 1607 Abs. 2 BGB). Erheblich erschwert ist die Rechtsverfolgung auch, wenn die materiell-rechtliche Unterhaltsverpflichtung auf der Zurechnung fiktiven Einkommens beruht, in das das Kind aber tatsächlich nicht vollstrecken kann.
Im Hinblick auf die Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 2 BGB sei bei fiktiven Einkünften zwischen den Eltern zu differenzieren: Handele es sich um die Haftung des Elternteils, bei dem das Kind lebt und das es im Unterhaltsverfahren gegen die Großeltern vertritt, könne es treuwidrig sein, wenn der gesetzliche Vertreter des Kindes unter Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit Einkünfte nicht zieht und dies als Begründung einer Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 2 S. 1 BGB für das Enkelkind vorbringt. Es könne aber dahinstehen, ob die Mutter vollschichtig arbeiten müsse. Selbst bei einer Vollzeittätigkeit reiche ihr Einkommen nicht aus, um den Unterhalt des Kindes ganz oder teilweise zu erbringen.
Der Kindesvater sei ebenfalls leistungsunfähig, bzw. die Rechtsverfolgung gegen ihn erheblich erschwert, nachdem er eine Ausbildung absolviert und erst ab dem 01.07.2021 eine Anstellung gefunden hatte, im streitgegenständlichen Zeitraum von März 2021 bis Juni 2021 jedoch tatsächlich leistungsunfähig war. Unstreitig hatte der Kindesvater lediglich 30 Euro monatlich gezahlt, und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn blieben erfolglos. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass der Kindesvater im Laufe des Verfahrens eine Arbeitsstelle angetreten habe und seitdem Unterhalt zahle. Denn es seien noch Rückstände für die Vergangenheit offen. Im Ergebnis könne daher Auskunft von den Großeltern über deren Einkommen und Vermögen verlangt werden. Im Anschluss an diese Auskunft ist zu entscheiden, ob die Großeltern tatsächlich Unterhalt schulden.
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Dr. Claudia Erk
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin
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