Auch nach einer Scheidung kann aus verschiedenen Gründen ein Unterhaltsanspruch bestehen. Es gilt zwar der Grundsatz, dass jeder geschiedene Ehegatte nach der Scheidung grundsätzlich verpflichtet ist, für sich selbst zu sorgen. Bestehen keine gesundheitlichen Einschränkungen, ist jeder nach Ablauf des Trennungsjahres unter Berücksichtigung der aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt verpflichtet, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Geht der den Unterhalt Fordernde einer solchen beruflichen Tätigkeit nicht nach, wird ihm im Rahmen der Unterhaltsberechnung fiktiv ein Einkommen aus einer zumutbaren Vollerwerbstätigkeit zugerechnet. Behauptet ein geschiedener Ehegatte, er könne aus gesundheitlichen Gründen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen oder würde keinen Job finden, muss er dies beweisen. Entgegen landläufiger Meinung ist es jedoch nicht ausreichend, wenn lediglich ein ärztliches Attest vorgelegt wird. Es muss schon genau dargelegt werden, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestehen und inwiefern diese sich im Detail auf die Ausübung einer konkreten beruflichen Tätigkeit auswirken. Im Streitfall muss zur Klärung ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt werden.
Im Gegensatz zu der früheren Rechtsprechung gibt es nur in seltenen Ausnahmefällen noch einen lebenslangen Unterhaltsanspruch. Allerdings hat ein geschiedener Ehepartner auch nach der Scheidung noch einen Unterhaltsanspruch, wenn er selbst arbeitet, jedoch ein Einkommensgefälle zwischen dem Einkommen der geschiedenen Eheleute besteht. Dieser sogenannte Aufstockungsunterhalt ist jedoch zeitlich zu befristen. In der Regel besteht ein Unterhaltsanspruch für einen Zeitraum von maximal 1/3 der Ehezeit. Die Ehezeit wird gerechnet vom Zeitpunkt der Eheschließung bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages. Allerdings handelt es sich hierbei nur um eine grobe Faustregel, da es immer auch auf den jeweiligen Einzelfall ankommt.
Ein lebenslanger Unterhaltsanspruch kann bestehen, wenn ein Ehepartner aufgrund der Heirat/Ehe einen finanziellen Nachteil erlitten hat. Ehebedingte Nachteile beziehen sich auf die finanziellen oder beruflichen Nachteile, die ein Ehepartner während der Ehe erlitten hat, oft als Folgen von Entscheidungen, die im Rahmen der Ehe getroffen wurden. Ein ehebedingter Nachteil liegt zum Beispiel beim Karriereverzicht vor, wenn ein Ehepartner während der Ehe auf eine Karriere verzichtet hat, um den anderen zu unterstützen oder sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern, kann dies als ehebedingter Nachteil angesehen werden. Auch gesundheitliche Einschränkungen können einen ehebedingten Nachteil darstellen. Ist ein geschiedener Ehepartner aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage ist, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, kann dies auch als ehebedingter Nachteil betrachtet werden. Derjenige Ehegatte, der sich auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile beruft, muss diese genau darlegen und beweisen. Wichtig zu wissen ist es in diesem Zusammenhang noch, dass das Argument des Unterhaltsverpflichteten, er hätte immer gewollt, dass der andere Partner arbeitet, keine Rolle spielt. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang allein, wie sich die ehelichen Lebensverhältnisse tatsächlich dargestellt haben und wie die Rollenverteilung in der Ehe war.
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