Ist es gut, dass am 8. März Weltfrauentag ist? Oder ist es schade, dass es einen extra Tag braucht, um auf Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung von Frauen aufmerksam zu machen? „Wir brauchen ihn leider immer noch“, sagt Annegret Schnick. Sie ist Prokuristen beim Gesundheitsdienstleister im Kommunikationsbereich Gedikom aus Bayreuth, einem Tochterunternehmen der kassenärztlichen Vereinigung. Schnick würde jedoch lieber auf den Weltfrauentag verzichten können.
Die 36 Jahre alte Gesundheitsökonomin ist bei der Gedikom für die Bereiche Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und, ganz wichtig, für Personal zuständig. „Vor fünf Jahren hätte ich gedacht, wir brauchen keinen Tag, an dem für die Belange der Frauen getrommelt wird. Aber seit ich mit Personalfragen betraut bin, erfahre ich oft von Mitarbeiterinnen in Gesprächen, welche große Herausforderung die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und vielleicht noch Freizeit ist. Oftmals sind es eben die Frauen, die zu Hause den Laden am Laufen halten.
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Eine Befürchtung, die manche Frauen im Berufsleben allgemein mit sich tragen, sei laut Schnick die Befürchtung, zeitlich nur begrenzt verfügbar zu sein. „Auch, wenn das heute in keinem Bewerbungsgespräch mehr gefragt wird, gar nicht gefragt werden darf: Bei manchen Personalgesprächen mit Bewerberinnen schwingt der Gedanke mit: ‚Dann ist sie sicher bald schwanger und ist aus dem Job raus.‘ Dieses Paradebeispiel, was Vorbehalte und Hemmnisse gegenüber Frauen betrifft, muss weiter abgebaut werden.“
Schnick ist der Überzeugung: Wenn man sich als Frau eingesteht, dass man Unterstützung gebrauchen könnte, um den Alltag mit seinen Herausforderungen zu organisieren, dann ist das kein Eingeständnis von Schwäche. Im Gegenteil: „Zu erkennen, wo man an seine Grenzen stößt und Hilfe zu suchen, ist eine Stärke.” Schnick interpretiert solche Situationen als Drang gesteckte Ziele auch dann zu erreichen, wenn sich Hindernisse auf dem Weg dorthin auftun können.
Schnick selbst ist im Beruf noch keinen Vorbehalten ihr gegenüber als Frau begegnet. Sie ist als Werkstudentin zur Gedikom gekommen, später fest dortgeblieben und bereits seit zehn Jahren Prokuristen. 26 Jahre alt war sie, als ihr unternehmerische Verantwortung übertragen wurde. „Man muss sich erstmal beruflich etablieren. Aber ich bin überzeugt, das gilt für Männer, die in die Ausbildung oder den Beruf starten, genauso. Anerkennung muss man sich verdienen“, lautet Schnicks Credo.
Sie selbst entstammt einer bürgerlichen Familie, beide Eltern sind Lehrer. Sie wuchs wohlbehütet auf und hat bei beruflichen Weichenstellungen, etwa der Studienwahl, oder während des Studiums in Bayreuth, selbst viel Unterstützung erfahren. „Diese Unterstützung möchte ich heute an andere Frauen weitergeben, wenn ich damit helfen kann“, sagt die Führungskraft.
Was Schnick selbst anderen Frauen empfiehlt, die sich selbst verwirklichen möchten? Sie überlegt kurz. Dann sagt sie mit fester Überzeugung: „Tu es einfach!“ Am Weltfrauentag und an allen anderen Tagen des Jahres sowieso.
Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März findet am 8. März am Bayreuther Neptunbrunnen von 12 bis 19 Uhr ein Feministischer Kampftag statt. Es werden unter anderem Workshops und interaktive Spiele stattfinden. Die Teilnahme ist gratis und offen für alle.