BAYREUTH. Chronische Wunden begleiten Betroffene oft über Monate, teils sogar Jahre. Aber keine chronische Wunde entsteht aus dem Nichts heraus. Meist sind es Vorerkrankungen oder Infektionen, die die Entstehung begünstigen. Am Sonntag, 06. April, lädt das Team der Pflegedirektion im Rahmen der Veranstaltungsreihe Rundum gepflegt zwischen 14 und 17 Uhr zu einem Informationsnachmittag rund um das Thema Chronische Wunden in die Klinik Hohe Warte ein. Wundexpertinnen geben in zwei Vorträgen praktische Tipps zum hygienischen Verbandswechsel daheim und informieren darüber, was bei chronischen Wunden besonders zu beachten ist. Darüber hinaus informiert eine Ausstellung über präventive Möglichkeiten und bietet Zeit für den persönlichen Austausch. Wir sprachen im Vorfeld mit Angelika Pastor, pflegewissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinikum Bayreuth GmbH und Mitorganisatorin der Veranstaltung.
Frau Pastor, wann spricht man von einer chronischen Wunde?
Angelika Pastor: Per Definition gilt eine Wunde als chronisch, wenn sie trotz richtiger Behandlung nicht innerhalb von acht bis zwölf Wochen eine deutliche Heilungstendenz zeigt. Im Gegensatz zu akuten Wunden, die meist durch Verletzungen oder Operationen entstehen und in der Regel schnell verheilen, bleiben chronische Wunden oft über Monate oder sogar Jahre bestehen.
Was sind die häufigsten Ursachen für chronische Wunden?
Angelika Pastor: Wenn Arterien oder Venen nicht mehr richtig funktionieren, erhalten Gewebe und Haut nicht genug Sauerstoff und Nährstoffe. Dadurch können offene Stellen entstehen, die nicht mehr heilen. Das betrifft vor allem Menschen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) oder chronischer venöser Insuffizienz (CVI). Auch Diabetiker haben oft Probleme mit der Wundheilung, weil ihre Nerven geschädigt sind. Kleinere Verletzungen spüren sie oft nicht – besonders gefährdet sind hier die Füße, da wir die Fußsohlen selbst nicht sehen. Hier bleiben Wunden oft unbemerkt und Infektionen können sich ausbreiten. Sind einzelne Körperstellen über längere Zeit zu hohem Druck ausgesetzt – beispielsweise durch langes Liegen oder Sitzen im Bett oder Rollstuhl – begünstigt das ein Druckgeschwür oder einen Dekubitus – auch eine chronische Wunde.
Kann man chronischen Wunden vorbeugen?
Angelika Pastor: Ja, beispielsweise durch gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Bewegung verbessert die Blutzirkulation und verhindert Druckstellen. Auch Hautpflege ist ein wichtiger Aspekt: Rissige und spröde Haut ist anfälliger für Infektionen – und Infektionen begünstigen die Entstehung chronischer Wunden. Menschen, die im Bett liegen müssen oder auf den Rollstuhl angewiesen sind, sollten ihre Positionen regelmäßig verändern, um Druckgeschwüren vorzubeugen. Da chronischen Wunden meist eine chronische Erkrankung zugrunde liegt, die die Wundheilung und oft auch das Schmerzempfinden beeinträchtigt, rate ich: Nehmen Sie sich selbst kritisch war, schauen Sie hin! Gibt es Wunden oder Druckstellen, die nicht heilen? Ist die Haut stellenweise verfärbt? Dann vereinbaren Sie einen Arzttermin. Wer früh handelt, verringert das Entstehungsrisiko chronischer Wunden oder verkürzt zumindest die Heilungsphase.
Lassen sich chronische Wunden überhaupt heilen?
Angelika Pastor: Ja, aber es braucht viel Zeit und eine individuell angepasste Therapie. Ein modernes Wundmanagement umfasst mehrere Komponenten: Die zugrunde liegende Erkrankung muss therapiert werden. Außerdem müssen chronische Wunden regelmäßig gereinigt und mit speziellen Wundauflagen versorgt werden. In schweren Fällen kann es notwendig sein, abgestorbenes Gewebe operativ zu entfernen, um die Wundheilung zu ermöglichen. Dafür gibt es – und braucht es – Experten. Wir haben ein Wundmanagement im Haus, das alle Behandlungen chronischer Wunden begleitet und dokumentiert. Zwei dieser Expertinnen werden am Sonntag auch vor Ort sein. Aber auch im ambulanten Bereich gibt es Pflegedienste, die darauf spezialisiert sind und die Betroffene bei der Wundversorgung unterstützen. Dennoch ist es wichtig und gut, sich selbst mit der Behandlung auseinanderzusetzen und einen Verband zumindest provisorisch selbst erneuern zu können. Denn: Der Lebensstil und die richtige Hygiene im Umgang mit der Wunde, entscheiden wesentlich mit, welche Fortschritte die Heilung macht.
An wen richtet sich die Veranstaltung?
Angelika Pastor: Zum einen an Betroffene. Sie haben die Chance, sich vielseitig zu informieren und persönlich mit den Expertinnen ins Gespräch zu kommen. An Angehörige, die mit einen Blick darauf haben, wo Wunden oder Druckstellen entstehen – und an Menschen, die an einer chronischen Erkrankung leiden, die die Wundheilung unter Umständen erschwert. Ich würde mich freuen, wenn einige von ihnen den Weg zu uns finden, obwohl sie noch kein akutes Problem mit einer chronischen Wunde haben. Vielleicht können wir dann dazu beitragen, dass es so bleibt. red