Berthild Sachs ist neue Regionalbischöfin im evangelischen Kirchenkreis Bayreuth. Die frühere Dekanin von Schwabach spricht im Interview über Herausforderungen der Kirche, notwendige Strukturreformen, wie den Verkauf von Immobilien und die Rolle von Frauen in kirchlichen Leitungsämtern.
Frau Sachs, bei der ersten Stellenausschreibung haben Sie sich nicht für das hohe Amt einer Regionalbischöfin in der evangelischen Kirche beworben. Warum?
Berthild Sachs: Im Frühjahr 2024 war ich als Dekanin in Schwabach mit einer sehr schwierigen Situation konfrontiert – personell, organisatorisch und persönlich. Da war für mich klar: Ich muss meiner Verantwortung vor Ort gerecht werden. Eine berufliche Veränderung war in dieser Phase ausgeschlossen, auch wenn ich im Vorfeld auf die Stelle angesprochen wurde.
Nach dem Rückzug von Jonas Schiller und der neuen Ausschreibung haben Sie sich dann doch beworben. Was hat Sie dazu bewogen?
Berthild Sachs: Die Situation in Schwabach hatte sich bis September stabilisiert. Menschen aus meinem Umfeld ermutigten mich zur Bewerbung. Ich habe meine bisherigen Erfahrungen als Dekanin und Synodale reflektiert und erkannt: Diese Aufgabe reizt mich. In Zeiten tiefgreifenden Wandels, Kirche mitgestalten zu dürfen, ist ein großes Privileg.
Die Landeskirche suchte gezielt eine Frau. War das ein Vorteil für Sie?
Berthild Sachs: Ich habe klargestellt, dass ich nicht als „Quotenfrau“ zur Verfügung stehe. Entscheidend sind Qualifikation und Eignung. Aber es ist ein wichtiges Signal, dass Frauen auch in leitenden kirchlichen Ämtern vertreten sind – zumal die Kirche in vielen Bereichen bereits stark von Frauen geprägt ist, sei es bei Hauptamtlichen oder im Ehrenamt.
In Ihrer Amtszeit steht vermutlich eine Strukturreform der fränkischen Kirchenkreise an. Wie
gehen Sie diese Aufgabe an?
Berthild Sachs: Der Kirchenkreis Bayreuth umfasst Oberfranken sowie Teile von Mittel-, Unterfranken und der Oberpfalz. Im Süden Bayerns wurden bereits drei Kirchenkreise zu einem großen zusammengelegt, geführt von einer Doppelspitze. Für den Norden denken wir derzeit über zwei Modelle nach: entweder ein großer Kirchenkreis oder eine Reduktion auf zwei mit neuen Grenzziehungen. Eine Arbeitsgruppe erarbeitet Szenarien, die wir der Landessynode 2026 zur Entscheidung vorlegen.
Wie verändert sich kirchliche Arbeit in Zeiten sinkender Mitgliederzahlen und knapper Kassen?
Berthild Sachs: Die Kirchensteuer wird zunehmend zur Teilfinanzierung. Wir müssen Strukturen verschlanken – von Verwaltung bis Gebäudebestand. Spenden, Fördervereine und Stiftungen werden wichtiger. Besonders in Regionen mit vielen denkmalgeschützten Kirchen, braucht es das Engagement der Zivilgesellschaft, wenn Gebäude erhalten bleiben sollen – nicht nur für Gottesdienste, sondern auch für kulturelle Veranstaltungen.
Werden Immobilienverkäufe notwendig?
Berthild Sachs: Ja, das betrifft vor allem Gemeindehäuser und Pfarrhäuser. Bei Kirchen ist das schwieriger. Ein Verkauf an andere christliche Konfessionen ist möglich, aber selten. Eine Umnutzung – etwa als kulturelles Zentrum – kann sinnvoll sein. In Einzelfällen könnte auch ein interreligiöses Zentrum entstehen, aber das erfordert breite gesellschaftliche Zustimmung.
Könnte eine Kirche auch zur Moschee werden?
Berthild Sachs: In Bayern gibt es dafür bisher keine Beispiele. Oft passen bauliche Anforderungen nicht. Zudem müsste man sehr sensibel und unter Einbeziehung der Gemeinde vorgehen. Interreligiöse Bildungs- und Begegnungsräume könnten aber ein Modell der Zukunft sein.
Ist Kirche heute noch zeitgemäß?
Berthild Sachs: Als Gemeinschaft gläubiger Menschen ist Kirche immer zeitgemäß. Die institutionelle Form wandelt sich – von der urchristlichen Hausgemeinde bis zur staatlich anerkannten Organisation heute. Heute sind wir gesellschaftlicher Akteur mit Bildungs- und Seelsorgeauftrag. Das Modell Kirche entwickelt sich weiter, aber der geistliche Kern bleibt.
Ein Schwerpunkt ist auch das Bereitstellen von Betreuungsplätzen für Kinder. Wie wichtig ist das für die Kirche?
Berthild Sachs: Sehr wichtig. Wir erreichen Kinder und ihre Familien früh, können religionspädagogisch arbeiten und Respekt vor anderen Religionen vermitteln. Gleichzeitig ist die Trägerschaft finanziell herausfordernd – gerade, wenn es keine Defizitvereinbarungen mit der Kommune gibt. Es darf nicht zulasten anderer kirchlicher Aufgaben wie Jugendarbeit gehen.
In Bayreuther Kitas gibt es Gruppen mit über 30 Nationen. Wie wirkt sich das auf die religiöse Erziehung aus?
Berthild Sachs: Vielfalt ist hier ein Gewinn. Unsere Kitas arbeiten religionssensibel – ohne Zwang, aber mit Respekt. Kinder lernen früh, Unterschiede wertzuschätzen. Das ist eine wertvolle Grundlage für ein friedliches Miteinander in einer pluralen Gesellschaft.
Haben Sie sich in Bayreuth schon eingelebt?
Berthild Sachs: Bayreuth ist eine charmante Stadt. Ich war viel mit dem Fahrrad unterwegs. Ich habe bereits gute Kontakte zur Stadtkirchengemeinde, singe in der Stadtkantorei mit und habe viele Orte gefunden, die mein persönliches Wohlbefinden stärken. Der Abschied aus Schwabach war schwer, aber Bayreuth ist ein sehr schöner neuer Lebensabschnitt.