Schulterbeschwerden sind eine der häufigsten Ursachen, dass Patienten ihren Hausarzt oder Orthopäden aufsuchen. Der Grund hierfür ist die meist sehr starke Schmerzausprägung der verschiedenen Krankheitsbilder, da das Schultergelenk im Vergleich zu anderen Gelenken mit sehr vielen Nervenendigungen ausgestattet ist und dementsprechend auch geringe Entzündungen starke Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Patienten haben.
Über eine innovative Technik der Entfernung von Kalk im Schultergelenk berichtet der Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie/Manuelle Medizin und Notfallmedizin sowie Alpin- und Höhenmedizin in der GWZ Bayreuth GmbH, Dr. med. Nico Petterich.
Dass ein schmerzendes Schultergelenk das Wohlbefinden bei Verletzungen oder Entzündung stark beeinträchtigen kann, ist den meisten bestens bekannt. Wenn man nachts nicht mehr auf der Seite liegen kann, wenn kleinste Bewegungen einen höllischen Schmerz auslösen und diese dann weitergehend den Schultergürtel sowie auch Hals- und Nackenmuskulatur verspannen, ist die Geduld und Schmerzausdauer sehr vieler Menschen schnell an ihrer Grenze und es wird ein Arzt oder Physiotherapeut aufgesucht. Mittels körperlicher Untersuchung sowie auch Zusatzuntersuchungen, wie zum Beispiel der hochauflösenden Ultraschalluntersuchung und ergänzender Kernspinbilder, ist die Ursache meist sehr schnell gefunden. Durch eine anatomische Besonderheit ist das Schultergelenk prädisponiert für eine Einklemmung von Weichteilen oberhalb des Oberarmkopfes unter dem Schulterdach, welche bei zunehmender Ausprägung heftigste Schmerzen auslösen kann.
Erstaunlich ist jedoch auch hier die teilweise im Ultraschall sichtbare Selbstheilungskraft des Körpers, die in nicht wenigen Fällen dazu führt, dass sich nach stärkster Ausprägung einer Kalkschulter auch ohne Therapie eine spontane Auflösung der Kalkherde zeigt. Bei vielen Patienten bildet sich jedoch, bevor es zu einer schmerzhaften Entzündung kommt, bereits ein Kalkdepot im Bereich dieser Sehnen, welches bei dem frustranen Versuch des Körpers entsteht, die Entzündung und die dadurch anfallenden Abbauprodukte unter Kontrolle zu bringen. Die Selbstheilungskräfte reichen nicht mehr aus, um den Kalk abzubauen und abzutransportieren.
Es ist auch nicht immer notwendig, jede Kalkablagerung im Bereich der Schulter invasiv anzugehen. In hartnäckigen Fällen oder wenn die Integrität und Stabilität der Sehne gefährdet ist, entscheiden sich Arzt und Patient meistens für ein invasiveres Vorgehen, ggf. auch unter Hinzuziehung der operativen Kollegen, zur Weitung des Abstandes zwischen Schulterhöhe und Oberarmkopf.
Vorher bestehen allerdings noch weitere, sehr gute Behandlungsoptionen wie die extracorporale fokussierte Stoßwellentherapie und innovative Verfahren der mikroinvasiven Kalkentfernung mittels sog. Needling über eine Spülkanüle. Dieser Eingriff wird in lokaler Betäubung durchgeführt. Hierbei wird in exakter ultraschallgesteuerter Positionierung, nach vorherigem sterilen Abwaschen und örtlicher Betäubung, der Kalkherd aufgesucht und mit einer sehr dünnen Nadel punktiert. Sobald sich die Spülnadel in einer optimalen Position befindet, wird der Kalkherd durch Einspritzung einer Kochsalzlösung mechanisch gelockert und anschließend im besten Fall komplett abgesaugt.
Da es sich hierbei, im Gegensatz zur Stoßwellentherapie, um einen eher interventionellen Eingriff handelt, kann dieser die Stoßwellentherapie nicht ersetzen. Er wird ggf. additiv hierzu oder bei schlechtem Ergebnis der klassischen Stoßwellentherapie angewandt, da durch die Punktion des Kalkherdes natürlich auch die üblichen Risiken eines solchen Eingriffes bestehen (z. B. Einblutung um die Einstichstelle). Diese sind natürlich im Vergleich zu einer klassischen Schulteroperation als deutlich geringer einzustufen, das Verfahren ist aber nicht für jeden Krankheitsfall geeignet.
Im Vergleich zur Stoßwellentherapie steht allerdings als Ziel eine definitive und echte Kalkentfernung und nicht die Anregung der Selbstheilungskräfte als Therapieprinzip – ganz wie bei einer Schlüssellochoperation, jedoch ohne Vollnarkose.
Die Kontrolle des Ergebnisses erfolgt dann zirka sechs bis acht Wochen später durch eine nochmalige Ultraschalluntersuchung sowie klinische Untersuchung, ggf. wird nun auch eine konsequent durchzuführende Therapie der eventuell bestehenden Begleitproblematiken im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule besprochen und noch physio- und manualtherapeutisch behandelt.