Veröffentlicht am 01.08.2024 14:46

Über das Besondere „Blau” zu sein

Das Team des Einlassdienstes um Rebecca Meier ist den mobilitätseingeschränkten Gästen behilflich.  (Foto: gb )
Das Team des Einlassdienstes um Rebecca Meier ist den mobilitätseingeschränkten Gästen behilflich. (Foto: gb )
Das Team des Einlassdienstes um Rebecca Meier ist den mobilitätseingeschränkten Gästen behilflich. (Foto: gb )
Das Team des Einlassdienstes um Rebecca Meier ist den mobilitätseingeschränkten Gästen behilflich. (Foto: gb )
Das Team des Einlassdienstes um Rebecca Meier ist den mobilitätseingeschränkten Gästen behilflich. (Foto: gb )

Sie sind das Empfangskomitee, das Gesicht der Bayreuther Festspiele. Und natürlich auch irgendwo letzte Instanz. Denn sie öffnen und schließen die Türen des weltberühmten Saales, in dem zu sitzen nach wie vor ein Privileg ist. Sie, das sind die so genannten „Blauen Mädchen“, ein Begriff, der genauso einmalig ist, wie das gesamte Bayreuther Festspielhaus.

Und wie um selbiges auch, ranken sich um das Tun dieser in adrettem Blaugrau gewandeten jungen Frauen und auch Männer etliche Mythen. Grund genug, um bei Rebecca Meier, der Leiterin der „Blauen“, klärend nachzufragen.

Es heißt, einmal „Blaues Mädchen“, immer „Blaues Mädchen“. Haben Sie hier auch einmal als sogenanntes „Blaues Mädchen“ angefangen?
Rebecca Meier: Ja, habe ich. Ich bin jetzt in meinem dreizehnten Jahr hier.

Und jetzt haben Sie die Leitung?
Rebecca Meier: Ja, seit drei Jahren.

Wie kommt man zu so einer Position?
Rebecca Meier: Regulär „Blaue“ geworden bin ich eigentlich durch meinen Vater. Der hat als Journalist von und über die Festspiele berichtet. Und mich neugierig gemacht. Und ich habe dann im Rahmen eines Ferienjobs als Schülerin hier reingeschnuppert. Mal schauen, wie es wird. Und dann hat es mich gepackt. Ich selber habe zunächst nicht daran gedacht, hier die Leitung zu machen. Wir hatten mit Renate Strüder über viele Jahre eine ausgezeichnete Leitung, doch die ist dann in Rente gegangen. Die darauffolgenden Leitungskräfte blieben jeweils nicht lange; irgendwie war absehbar, dass wieder jemand für diese Position gesucht würde. Ich habe mir dann einfach gedacht, ich bin jetzt schon so lange hier, es ist meine
Leidenschaft, warum bewerbe ich mich nicht dafür? Ja, und seitdem mache ich das.

Auf der Homepage der Bayreuther Festspiele findet man Sie aber nicht?
Rebecca Meier: Doch, schon. Allerdings nicht dort, wo Sie vermutlich gesucht
haben. Uns finden Sie bei den technischen Abteilungen. Also nicht bei der Verwaltung oder Organisation.

Apropos Abteilung. Wie heißt es denn nun offiziell: Besucherdienst? Oder Einlassdienst?
Rebecca Meier: Einlassdienst. Im Übrigen finde ich, dass wir bei den technischen
Abteilungen gut aufgehoben sind.

Wie viele Blaue sind denn dieses Jahr in Ihrer Abteilung?
Rebecca Meier: Wir sind bei Tagen mit Aufführungen so um die 61. Insgesamt sind wir tatsächlich knapp 90. Das hat damit zu tun, dass viele ihre Zeit hier stückeln. Das sind dann meist die so genannten „Alt-Blauen“. Ich finde das sehr gut, das zeigt auch die Verbundenheit mit
diesem Haus und der Arbeit, die wir hier tun. Und es ist auch klar – man wird älter, die Prioritäten verschieben sich. Man kann eben dann nicht mehr gleich sechs Wochen, wie wir das nennen, „blau sein“.

Und wie machen Sie das? Sechs Wochen dürften doch bei ihrer Aufgabe hier nicht ausreichen?
Rebecca Meier: Ich habe nach meinem Abitur erst ein halbes Jahr Praktikum gemacht, da hatte ich dann den Sommer frei. Anschließend habe ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht. Da habe ich dann immer meinen gesamten Jahresurlaub hier verbracht. Das war nicht einfach zu organisieren. Nach Abschluss der Ausbildung habe ich begonnen, Psychologie zu studieren, seitdem bin ich die Sommer wieder komplett hier.

Also über die gesamte Saison, sechs Wochen lang.
Rebecca Meier: Ja. Seit ich die Leitung übernommen habe, startet meine Saison hier schon Anfang Juni, es sind also mehr als nur sechs Wochen. Wie bei vielen anderen auch, hängt mein Herz eben an diesem Haus und dieser Arbeit. Natürlich kann ich nicht sagen, wie lange ich noch hier sein werde, aber so lang als irgendwie möglich, das ist klar.

Diese Affinität zum Haus, zur Musik –Grundvoraussetzung, um hier arbeiten zu können?
Rebecca Meier: Richtig. Ich schaue bei Bewerbungen schon darauf, dass eine gewisse Begeisterung für das Haus da ist. Weil es für mich schon einen Unterschied ist, ob hier jemand an einer Türe steht, der Leidenschaft und Freude vermittelt oder eben nicht. Andererseits finde ich auch sehr spannend, wenn da jemand ist, der mit Richard Wagner und diesem Haus noch nie in Berührung gekommen ist. Und wenn dann so jemand Feuer fängt, unbedingt wieder kommen will, das ist schön.

Ist die Arbeit hier im Einlassdienst begehrt? Bewerben sich hier viele?
Rebecca Meier: Oh ja. Das sind schon deutlich mehr, als wir hier brauchen. Obwohl wir heute weit mehr sind, als noch vor einigen Jahren. Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass unser Aufgabenfeld größer geworden ist. Als ich angefangen habe, waren wir nur für die Saaltüren, das Forum und den Verkauf der Programmhefte zuständig. Heute betreuen wir auch die Außentüren und die Garderobe.

Und den neuen Aufzug.
Rebecca Meier: Und den neuen Aufzug, ja.

Wie wird denn der nun betreut?
Rebecca Meier: Nun, der Aufzug sollte vorzugsweise von Menschen genutzt werden, die ihn benötigen, deren Mobilität eingeschränkt ist. Wie wir das letztendlich handhaben werden, das werden wir bei Generalproben sehen. Generalproben sind auch für uns Testphasen.

Apropos Testphasen: Wie bereiten Sie denn neue Blaue auf ihre Arbeit hier vor?
Rebecca Meier: Wir haben zwei Einführungstage, bei denen wir uns die Örtlichkeiten genau anschauen, wir spielen auch gewisse Szenarien durch, beispielsweise, wie gehen wir vor, wenn jemandem im Zuschauerraum schlecht wird, wir ihn hinaustragen müssen? Auch an
unserem Ticketsystem müssen wir schulen, generell das ganze Prozedere um Ein- und Auslass. Mir ist wichtig, dass niemand das Gefühl hat, ins kalte Wasser geworfen zu werden, wobei man dazu sagen muss, auf alles kann man sich auch nicht vorbereiten. Aber auf das Grundsätzliche eben schon.

Nun ist ja immer von „Blauen Mädchen“ die Rede. Aber bei ihnen gibt es ja auch junge Männer?
Rebecca Meier: Ja, die gibt es. Weshalb wir uns einfach „Blaue“ nennen. In diesem Jahr sind es ungefähr 20 männliche Kollegen.

Man spricht immer davon, dass dieses Haus, diese Musik hier süchtig macht. Stimmt das?
Rebecca Meier: Ja, das stimmt. Diese Atmosphäre hier ist unbeschreiblich und die Musik macht definitiv etwas mit einem. Man freut sich Jahr für Jahr auf diese Sommer hier, auf die Musik und auf die Gemeinschaft. Das ist schon etwas ganz Besonderes.


Von gb
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