Veröffentlicht am 02.08.2024 10:33

Pyrotechnik, Nebel und Licht

Herr der Schalter und Regler: Technischer Direktor Henning Angebrandt. (Foto: gmu)
Herr der Schalter und Regler: Technischer Direktor Henning Angebrandt. (Foto: gmu)
Herr der Schalter und Regler: Technischer Direktor Henning Angebrandt. (Foto: gmu)
Herr der Schalter und Regler: Technischer Direktor Henning Angebrandt. (Foto: gmu)
Herr der Schalter und Regler: Technischer Direktor Henning Angebrandt. (Foto: gmu)

Wenn es auf der Festspielbühne kracht, blitzt oder Nebel aufzieht, dann war Henning Angebrandt und sein Team am Werk. Er ist der Technische Direktor im Festspielhaus und auch zuständig für Spezialeffekte. Wir trafen ihn zum Gespräch und haben nicht nur erfahren, wie sich der Farbwechsel im Wasserbecken bei Parsifal auf der Bühne vollzieht, warum Augmented-Reality-Brillen nicht als Spezialeffekt gelten und wie „guter“ Nebel gemacht wird.

Durch den Einsatz von AR-Brillen wird das Bühnengeschehen um eine digitale Ebene erweitert. Wie funktioniert die Technik?
Henning Angebrandt: Unsere Aufgabe bestand darin, eine ganz normale Aufführung auf die Bühne zu bringen. Die Verwendung von AR-Brillen ist ein zusätzliches Erlebnis. Von Anfang an haben wir die konventionellen Aspekte wie Licht, Ton und Video separat von der komplizierten Technik der AR-Brillen behandelt. Die AR-Welt ist praktisch eine eigene Veranstaltung im Rahmen der Aufführung. Wir haben auf der Bühne den Inspizienten, der für den Ablauf der Vorstellung verantwortlich ist. Weiterhin haben wir einen Lichtinspizienten, der für die Beleuchtung und das Video zuständig ist. Für die AR-Brillen, die verschiedene Bilder oder Stimmungen anzeigen, haben wir ebenfalls einen eigenen AR-Inspizienten. Beide Arbeitsbereiche, AR und die konventionelle Inszenierung auf der Bühne werden getrennt betreut und abgearbeitet. AR ist kein Spezialeffekt. Mit der Brille sieht der Zuschauer eine Abfolge von Bildern oder Videos, die auf das reale Geschehen projiziert werden. Beispiel: Rückfahrkameras in Autos.

Was verstehen Sie unter einem Spezialeffekt?
Henning Angebrandt: Es ist eine eigene Darstellungsform. Der klassische Spezialeffekt umfasst oft Pyrotechnik, Nebel und Licht, die zusammen den eigentlichen Effekt für den Zuschauer ausmachen. Dieser Aha-Moment kann durch verschiedene Stilmittel erweitert werden, wie beispielsweise das gezielte „Einsturz“ eines Vorhangs.

Welche Gefahr besteht, wenn auf der Bühne mit Feuer gearbeitet wird?
Henning Angebrandt: Wir dürfen grundsätzlich nur mit Mittel arbeiten, die zugelassen sind, das ist unser tägliches Geschäft. Dafür gibt es natürlich Sicherheitsvorschriften. Welche Behörden muss ich einschalten, welche Gesetze oder DIN-Normen sind zu befolgen, worauf muss ich Rücksicht nehmen, was sagt die Versammlungsstätten-Verordnung? Das Regelwerk ist umfangreich. Doch das hat man alles im Kopf und arbeitet die Liste ab. Im Prinzip müssen wir immer ausschließen können, dass nichts passieren kann.

Welche Sicherheitsvorkehrungen treffen Sie?
Henning Angebrandt: Spezialeffekte werden mit dem Bauordnungsamt der Stadt Bayreuth und der Feuerwehr abgesprochen. Die Besonderheiten werden zusammengefasst, vorgestellt und dokumentiert. Die Feuerwehrleute dürfen nicht überrascht sein, wenn es blitzt, die Funken fliegen oder Nebel aus Boden und Wänden kriecht. Wir führen für jede Produktion eine sogenannte Brandabnahme durch.

Im Parsifal steht in jedem Akt ein Wasserbecken in unterschiedlichen Formen auf der Bühne, auch das Wasser verfärbt sich. Wie geht das?
Henning Angebrandt: Im ersten Akt ist das Wasser schwarz, dafür sorgt eine schwarze Teichfolie. Die rote Farbe kommt durch Licht, das Grün war eine Herausforderung. Wir haben experimentiert und letztendlich war die Idee einfach. Wir verwenden Babybadezusatz, der das Wasser färbt. Es war natürlich schwer einzuschätzen, welche Menge Badezusatz wir für ein optimales Farbergebnis brauchen, bei 11.000 Wasser, die für jede Vorstellung benötigt werden. Wir haben geschätzt, wie viel Wasser verbrauchen 40 Babys, wenn sie gebadet werden. Danach haben wir die Menge ermittelt.

Welcher Spezialeffekt ist die größte Herausforderung?
Henning Angebrandt: Nebel, in seinen verschiedensten Formen. Wasserdampf und Kondensation spielen da eine Rolle, aber auch Luftdruck und Temperatur. Wenn wir beispielsweise jetzt proben, dann ist der Zuschauerraum leer. Während der Aufführung befinden sich dort 2.000 Zuschauer, die Wärme verbreiten, das wirkt sich auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit aus. Früher wurde Trockeneisnebel verwendet, das sieht für den Zuschauer gut aus. Die Gefahr liegt im Umgang mit den Stoffen. Flüssiger Stickstoff ist richtig kalt, minus 160 Grad. Trockeneis sollte man auch nicht mit der bloßen Hand anfassen. Feuer und Pyrotechnik ist noch eine Stufe obendrauf. Aber dafür gibt es Sicherheitsvorschriften, die natürlich unbedingt eingehalten werden.


Von Gabriele Munzert
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