Veröffentlicht am 05.08.2024 09:21

„Oper stirbt seit 400 Jahren“

Nadine Weissmann gibt in dieser Saison die Mary im „Fliegenden Holländer“ (Foto: Ludwig Olaf_Das Opernglas)
Nadine Weissmann gibt in dieser Saison die Mary im „Fliegenden Holländer“ (Foto: Ludwig Olaf_Das Opernglas)
Nadine Weissmann gibt in dieser Saison die Mary im „Fliegenden Holländer“ (Foto: Ludwig Olaf_Das Opernglas)
Nadine Weissmann gibt in dieser Saison die Mary im „Fliegenden Holländer“ (Foto: Ludwig Olaf_Das Opernglas)
Nadine Weissmann gibt in dieser Saison die Mary im „Fliegenden Holländer“ (Foto: Ludwig Olaf_Das Opernglas)

Nadine Weissmann gehört trotz einer fünfjährigen Pause zu den festen Größen bei den Bayreuther Festspielen. Diese Saison singt sie zum dritten Mal die Mary im „Fliegenden Holländer“. InBayreuth.de hat sie zum Gespräch getroffen.

Frau Weissmann, wie verändert sich eine Inszenierung von Jahr zu Jahr?
Grundsätzlich natürlich gar nicht. Es ist aber äußerst spannend zu sehen und zu erleben, wie sich die Dynamik mit neuen Menschen im Team verändert. Unsere beiden wunderbaren Regieassistenten haben sich auch dieses Jahr wieder viel Zeit genommen, um die neuen Sängerinnen und Sänger einzuarbeiten. Und auch mit uns, die schon länger dabei sind, haben sie noch einmal intensiv an den Rollen gearbeitet. Da entdeckt man immer wieder neue Details in der eigenen Rolle, der Subtext kann sich auch verändern und mehr oder andere Facetten bekommen. Das macht die Arbeit und dann auch unsere Performance auf der Bühne nochmal spannender – für uns und fürs Publikum.

Seit 2013 singen Sie in Bayreuth. Was macht für Sie die Festspiele besonders?
So viele Dinge! Allen voran natürlich das Team. Es ist eine riesige Freude, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die nicht nur einfach so hier sind, sondern hier sein wollen, um gemeinsam auf hohem Niveau zu arbeiten. Alle sind stolz darauf, in Bayreuth sein zu können, und machen auch mal mehr, ob auf der Bühne oder dahinter. Mein Lieblingsbeispiel ist die Kostümabteilung: Während man an anderen Opernhäusern manchmal Tage auf Änderungen warten und immer wieder nachfragen muss, ist hier innerhalb weniger Stunden alles fertig, das ist unglaublich.
Der soziale Aspekt spielt auch eine große Rolle: Hier trifft man Kolleginnen und Kollegen, die man sonst das ganze Jahr nicht sieht, hier entstehen aber auch Freundschaften fürs Leben. Und trotz all der natürlich harten Arbeit herrscht in Bayreuth eine gewisse Ferienlageratmosphäre, nicht zuletzt dank der Umgebung mit viel Natur.
Noch vor Corona war ich für fünf Jahre nicht in Bayreuth. In dieser Zeit habe ich bei einigen anderen Festspielen, zum Beispiel in Salzburg gesungen. Ich bin wirklich sehr dankbar, wieder hier zu sein. Das erste Mal in der Saison wieder zum Hügel hochzufahren, ist einfach ein tolles Gefühl. Man kann seine Sommer in Bayreuth wirklich unglaublich angenehm verbringen.

Apropos: Wo sind Sie denn am liebsten?
Ich habe gerade die Eremitage wieder für mich entdeckt. Und ich finde das Kneipp-Becken am Festspielhaus im wahrsten Sinne erfrischend. Gastronomisch bin ich vom Phoenix begeistert und fahre auch gerne in die Hallermühle. Leider hat sich aber das Angebot sehr reduziert, vieles hat beispielsweise von Montag bis Mittwoch geschlossen oder nicht lange genug auf, damit wir oder die Gäste noch die Möglichkeit hätten, etwas zu unternehmen. Früher hatte die Kantine auch viel länger auf, so dass wir uns „unter uns“ auf ein Feierabendbier treffen konnten. Mir ist klar, dass das vor allem am fehlenden Personal liegt. Dennoch hoffe ich, dass sich das irgendwann wieder ändert.

Die Oper wird an sich totgesagt ...
Die Oper stirbt seit 400 Jahren! Natürlich ist der Altersdurchschnitt des Publikums relativ gesehen hoch. Aber das war er schon immer und ändert sich eigentlich kaum, also gibt es anscheinend einfach „älteren Nachwuchs“. Allerdings sehe ich auch sehr viele junge Leute unter den Gästen, das finde ich wirklich toll.
Grundsätzlich ist es aber schon ein Problem, dass Kinder und Jugendliche weniger mit Musik in Berührung kommen. Hat man nicht wie ich das Glück, aus einem musikalischen Haus zu kommen, sollten hier Kindergärten und Schulen einspringen. Statt wie in Bayern die Musikstunden zu reduzieren, sollte der Unterricht ausgeweitet werden. Und das ist nicht nur meine Meinung, sondern in vielen Studien belegt, dass Kinder, die sich mit Musik auseinandersetzen – auch ohne ein Instrument zu spielen –, auch in anderen Fächern besser abschneiden.
Die Kinderoper in Bayreuth ist ein wunderbares Projekt, um eben den Nachwuchs behutsam und leicht an die Oper und Wagner heranzuführen. Das sollte meiner Meinung nach bundesweit angeboten werden, genauso wie andere Musikprojekte, die sich explizit an Kinder und Jugendliche richten. Dann wird klassische Musik plötzlich nicht mehr „ernst“, wird verstanden und das junge Publikum wächst zu unserem Publikum heran.

Weg vom Ernst: Welche Musik versetzt Sie in gute Laune?
Musicals! Ich bin ein riesiger Musical-Fan, mein Lieblingsstück ist „Into the Woods“ von Stephen Sondheim. Ich höre aber auch gerne Jazz. Musik macht einfach allgemein gute Laune.

Vielen Dank für das Interview, Frau Weissmann!


Von Magdalena Aderhold
Magdalena Aderhold
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