Ein Gastwirt schreibt auf seinen Kneipenblock „Schnucki bekommt alles“. Das Oberlandesgericht Oldenburg (3W 96/23) musste sich mit der Frage befassen, ob ein wirksames Testament vorliegt. Der Erblasser war ein Kneipenbesitzer in Ostfriesland. Nach dessen Tod beantragte seine nichteheliche Lebensgefährtin einen Erbschein für sich als Alleinerbin. Sie legte dem Nachlassgericht einen Zettel von einem Brauereiblock vor, den Sie hinter der Theke gefunden hatte. Der Erblasser schrieb eigenhändig auf den Zettel, „Schnucki bekommt alles“. Schnucki steht hierbei für den bei allen in der Kneipe bekannten Spitznamen seiner Partnerin. Der Zettel war mit Datumsangabe vom Erblasser auch unterschrieben.

Das Nachlassgericht lehnte den Erbschein ab. Denn es fehle an dem für ein Testament erforderlichen Testierwillen, weil ein Kneipenblock untypisch sei für die Errichtung eines Testaments. Dagegen wandte sich die Partnerin und zog vor das Oberlandesgericht. Der Senat ging der Sache auf den Grund.

Fest stand, dass das Schriftstück vom Erblasser eigenhändig verfasst und unterschrieben wurde und dass mit dem Spitznamen die antragstellende Partnerin gemeint war. Auf eine konkrete Namensnennung komme es nicht an, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, wer gemeint ist.
Die äußeren formalen Voraussetzungen für ein Testament lagen damit nach Auffassung des Oberlandesgerichts vor. Durch die eigenhändige Errichtung nebst Datumsangabe sowie der mit Vor- und Nachnamen geleisteten Unterschrift seien die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für ein handschriftliches Testament erfüllt. Aber lässt sich ein ausreichender innerer Testierwille feststellen?

Die Errichtung auf einem Kneipenblock oder einem Bestellzettel und die Aufbewahrung hinter der Theke sei zwar ungewöhnlich, aber es komme immer auf den Einzelfall an. Es war für den Erblasser typisch, dass er hinter dem Tresen wichtige Unterlagen aufbewahrt habe, beispielsweise nicht bezahlte Rechnungen. Der Erblasser habe generell wenig Wert auf Schriftwechsel gelegt, so dass es nachvollziehbar sei, dass er zur Errichtung seines letzten Willens schlicht einen Zettel benutzte, der für ihn direkt greifbar war, und dieses Testament dann zu den anderen Unterlagen legte.

Im Zweifel müsse daher grundsätzlich von einem Testierwillen ausgegangen werden, wenn die formalen Voraussetzungen vorliegen und ein Testierwille nicht vollkommen fernliegend sei.
Demnach handelt es sich nach der Überzeugung des Oberlandesgerichts um ein wirksames handschriftliches Testament, so dass die Partnerin Alleinerbin wurde.

Das Ergebnis entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung. Auch in anderen Fällen wurden ungewöhnliche Testamentserrichtungen anerkannt. So ist grundsätzlich auch ein Testament wirksam, welches mit Filzstift auf die Platte eines Holztisches eigenhändig geschrieben wurde, soweit es auch die übrigen formalen Voraussetzungen erfüllt, insbesondere Datum und Unterschrift. Das Gleiche gilt für das sogenannte Bierdeckeltestament, sofern der Testator dabei noch einigermaßen nüchtern war.

Bei der Errichtung eines eigenhändigen Testaments ist die Unterscheidung wichtig
zwischen den äußeren formalen Anforderungen und dem Inhalt des Testaments, also dem wahren Willen des Erblassers. Formal ist das Erbrecht sehr streng. Ein handschriftliches Testament muss zwingend eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein, bei Ehegatten genügt es, wenn einer schreibt und beide unterschreiben. Verstöße gegen diese Formvorschriften führen zwingend zur Unwirksamkeit des handschriftlichen Testaments. Ist diese formale Hürde genommen, dann ist das Gesetz bei der Ermittlung des Inhalts weitaus weniger streng, der Wortlaut alleine ist nicht maßgeblich. Es genügen Andeutungen im Testament und auch die Erben müssen nicht namentlich genannt sein, wenn sich aus den Umständen der wahre Wille des Erblassers ermitteln lässt. Daher kann auch „Schnucki bekommt alles“, ein Testament sein.

Bestens beraten.
www.zeitler.law