Zwei Welten treffen aufeinander an diesem Montag im sonst so beschaulichen Kurort: Während draußen am Marktplatz gut 300 Menschen für die Demokratie und gegen Rechts demonstrieren, kommen am frühen Abend wenige Meter weiter im Kurhaus fast ebenso viele Anhänger und Funktionäre der AfD zu einer Wahlkampfveranstaltung zusammen.
„Stargast” beim AfD-Kreisverband ist Tino Chrupalla, Bundessprecher der Partei. Doch ehe der Görlitzer zu seiner Rede kommt, muss er sich gedulden. Mehrere Gegendemonstranten haben sich Zugang zum Kurhaus verschafft, singen und rufen Parolen wie „Kein Mensch braucht die AfD” oder „Nazis raus”. Schnell werden die meisten „Störer” von Polizisten abgeführt und erkennungsdienstlich behandelt.
Lediglich bei zwei Eindringlingen tun sich die Beamten mit dem Entfernen schwer: Sie haben sich am Treppenaufgang angekettet und da kann auch das Großaufgebot der Polizei - geschätzt sind wohl gut 200 Polizisten an diesem Tag im Kurort - zunächst wenig ausrichten.
Dennoch beginnt die Wahlkampfveranstaltung pünktlich. Zu diesem Zeitpunkt warten vor der Halle noch gut ein Dutzend Fans auf Einlass - vergeblich. „Die Hallenkapazität ist erschöpft. Es kann leider niemand mehr rein”, ruft ein Polizeibeamter den enttäuschten Gästen zu.
Vor Chrupallas Auftritt bestreiten MdL Florian Köhler, AfD-Bezirksvorsitzender Mario Schulze und vor allem die AfD-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Katrin Ebner-Steiner, das warm up für ihren Bundessprecher. Auch sie können nicht ohne Zwischenfälle reden, weil zwei weitere Gegner der AfD unerkannt in den Saal gelangt sind und lautstark gegen die Partei demonstrieren. Auch sie werden von Ordnern aus dem Saal geleitet.
Alle Redner bedienen sich erwartbarer und stark ähnelnder Muster: In allererster Linie geht es gegen Ausländer, gegen die Politik der Ampel im Allgemeinen sowie gegen Politiker der Grünen und der CDU/CSU im Besonderen. Die Rede ist zum Beispiel von „Grüner Toleranzromantik”, „Wahlbetrug” oder einer „Politik der Ideologie gegen das Volk”. Ebner-Steiner: „Wir werden aufräumen in diesem Land und all die Syrer und Afghanen abschieben, bis die Startbahnen glühen.” Die AfD sei gegen den Krieg in der Ukraine, „der uns nichts angeht, aber uns Bürgern Abermillionen kostet.” Deshalb müssten auch die ukrainischen Flüchtlinge nach Kriegsende wieder zurück in ihre Heimat, so die Abgeordnete, die dafür tosenden Applaus ihrer Anhänger bekommt.
Eine Breitseite feuert Ebner-Steiner auch gegen die Öffentlich-Rechtlichen ab. „Mit uns wird es keine GEZ und keine Zensur mehr geben in diesem Land.” Außerdem verspricht sie, das Bürgergeld abzuschaffen und die die Energie- und Unternehmenssteuern zu senken, „damit unsere Rentner wieder mehr Geld in der Tasche haben”.
Tino Chrupalla sieht eine „blaue Welle” durchs Land schwappen. Vor zehn Jahren habe man sich noch in Hinterzimmern getroffen, heute fülle die AfD Säle und Hallen. Den Altparteien warf er „Geschichtsvergessenheit” vor, die Migrationswelle habe in den vergangen fünf Jahren 4,5 Millionen Flüchtlinge ins Land geschwemmt. Friedrich Merz sei ein Raubkopierer, der durch seine Abstimmungsniederlage als Kanzlerkandidat gescheitert sei.
Der AfD-Sprecher weiter: „Wir brauchen kein 17. Bundesland Ukraine. Wir brauchen dieses Geld für uns Deutsche. Das ist nicht unser Krieg.” Erneut stürmischer Beifall der Anwesenden, die ihrem Idol zujubeln, als er in den Saal ruft: „Eine handlungsfähige Regierung kann es nur mit der AfD geben.”