Hervorragende Sängerinnen und Sänger aus aller Herren Länder, die sich im Sommer immer wieder in Bayreuth treffen: Der vielfach ausgezeichnete Festspielchor ist wahrlich einmalig. Inbayreuth.de blickt hinter die Kulissen und zeigt in einer Artikelreihe spannende Karrieren und außergewöhnliche Lebensläufe. Heute: die Sopranistin Daniela Yurrita.
Neun Jahre. So alt war Daniela, als sie den Entschluss fasste, Sängerin zu werden, ja Opernsängerin. Dank der Großmutter einer Freundin bekam sie das erste Mal Schuberts „Ave Maria“ live zu hören – und Daniela war hin und weg, überwältigt von dem Gefühl, dass sie gefunden hatte, was ihr Lebensinhalt werden sollte. Gesagt, getan? So einfach war es nicht. Für einen Chor war sie noch zu klein – erst mit zehn konnte sie im Schulchor mitmachen, in dem allerdings nur Popsongs gesungen wurden. Obwohl sie nicht aus einer musikalischen Familie stammt, nahmen ihre Eltern ihre Pläne ernst: Bereits als Teenager bekam sie Gesangsunterricht, allerdings ebenfalls im Bereich der Populärmusik.
Lebensentscheidung Oper
Mit 14 Jahren nahm Daniela schließlich an einem Gesangswettbewerb in Kalifornien teil. Dort konnte man in verschiedenen Kategorien vorsingen, und ihre Gesangslehrerin ermunterte die junge Sängerin dazu, es auch in der Kategorie Klassik & Oper zu versuchen. Sie studierte in aller Kürze ein Stück ein, sang vor – und holte Gold. Und da kam es wieder, dieses Gefühl, das sie als Neunjährige hatte, als sie das „Ave Maria“ hörte, und das ihr die Jahre über fehlte: Dass Oper ihre Welt ist.
Über Puerto Rico nach Mannheim
Da es in Guatemala keine Möglichkeit gibt, Gesang zu studieren, ging Daniela nach Puerto Rico, um ihren Bachelor zu machen. Für den Master wollte ihr Professor sie nach New York holen, doch sie überlegte es sich anders. Sie wollte sich nicht wieder in unsicherem Studentenvisum-Status von Jahr zu Jahr hangeln, sondern direkt anfangen, ihre Karriere auf stabilen Füßen aufzubauen. Europa sollte es werden, und ihr spanischer Pass, den sie dank ihrem Vater neben dem guatemaltekischen besitzt, sollte ihr dabei helfen. Und in Europa die Niederlande, mit einem englischsprachigen Master-Studiengang. Doch das sollte nicht sein: Nur wenige Wochen vor Studienbeginn erhielt Daniela die Zusage für einen Studienplatz an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Mannheim bei Professor Rudolf Piernay, der ihr schon in Amerika wärmstens empfohlen wurde. Also warf sie ihre Pläne um – und versuchte mit Duolingo, innerhalb kurzer Zeit wenigstens ein bisschen Deutsch zu lernen, denn in Mannheim ist das Studium deutschsprachig. Nach ihrer Ankunft schrieb sie sich dann als erstes in einem Deutschkurs ein und absolvierte zwei Masterstudiengänge (Schwerpunkt Lied- und Konzertrepertoire sowie Oper).
Die große Liebe in Mannheim
Es sollte nur ein halbes Jahr dauern, bis Daniela ihren heutigen Ehemann in einer Kneipe kennenlernte. Sie: Künstlerin. Er: Beamter. Und doch passt es perfekt zusammen. Nach einer Zwischenstation in Nürnberg, wo Daniela eine Festanstellung am Theater hatte, bekam ihr Mann ein Jobangebot in Regensburg. Ein weiteres Mal Koffer packen, und ein weiteres Mal eine Lebensentscheidung treffen – Daniela kündigte ihren Job und ist seitdem als selbstständige Opernsängerin tätig. In Regensburg haben sich die beiden nach fast zwei Jahren gut eingelebt, und Danielas Karriere als Solosängerin schreitet voran. Neben den Jobengagements hat sie auch ein Jazzduett gegründet, als Hobby, wie sie selbst sagt, denn Jazz gehört neben heimatlichen lateinamerikanischen Klängen oder Classic Rock zu ihren liebsten Musikgenres.
Bayreuth für sich entdeckt
Doch wie war ihre Begegnung mit Richard Wagner? Die sprichwörtliche Schwere der Musik hat sie viele Jahre lang davon abgehalten, sich mit seinen Werken auseinanderzusetzen. Bis sie im Studium seine Wesendonck-Lieder sang und feststellte: Das ist wirklich richtig schön. 2018 dann saß sie zum ersten Mal im Publikum am Grünen Hügel, „Der Fliegende Holländer“ sollte es sein, der in ihr auch die Liebe zu Wagner entfachte. Und sie wollte ein Teil davon werden, also bewarb sie sich im Chor. Ihr erstes Jahr war ein seltsames: Sie war Teil des Bühnenchors im Pandemiejahr 2021, als die Sängerinnen und Sänger aufgeteilt wurden. Und obwohl sie nicht sang, sondern nur spielte, war sie für diese Erfahrung dankbar: Das Orchester, die Solisten, die Kostüme zu erleben, wäre ihr nicht gegönnt gewesen, hätte sie aus dem Chorsaal heraus nur singen dürfen. Das war aber für sie wichtig, um die Arbeit im Festspielhaus gleich richtig kennenzulernen. Und da war dieses überwältigende Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein, in einem hochtalentierten Team zu arbeiten, das Unglaubliches auf die Bühne bringt. Aber auch, neben ihren Lieblingssängern auf der Bühne stehen zu dürfen.
Zehn Wochen Wohlfühlatmosphäre
Daniela läuft gerne durch die Stadt, durch den Hofgarten, geht am Röhrensee joggen und atmet ganz tief die besondere Stimmung in Bayreuth zur Festspielzeit ein. Harte Arbeit ist es hier, das auf jeden Fall, aber es werden viele unvergessliche Momente erlebt, hier ist sie das erste Mal Fahrrad gefahren, hier lernt sie jedes Jahr auch neue, tolle Menschen kennen, im und außerhalb des Festspielhauses. Eines stört sie allerdings sehr: Die Anbindung mit dem Bus zum Grünen Hügel – sie wohnt zurzeit in der Birken – lässt zu wünschen übrig. Doch das würde sie sicher nicht davon abhalten, wieder nach Bayreuth zu kommen, sofern sie eingeladen wird.