BAYREUTH.Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn eine verstorbene Person mehrere Erben hinterlässt, die den Nachlass verwalten müssen. Dabei prallen oft unterschiedliche Interessen aufeinander. Meine Erfahrung als Fachanwalt für Erbrecht zeigt: Selbst komplexe Erbengemeinschaften finden Lösungen, wenn alle konstruktiv zusammenarbeiten.
Die erste Frage, die jeder Miterbe für sich beantworten muss: will ich überhaupt in eine Erbengemeinschaft? Durch lenkende Ausschlagungen und Erbteilsübertragungen lassen sich in bestimmten Fällen eine unerwünschte Erbenstellung und sogar ganze Erbfolgen beseitigen. Es sind allerdings strenge Fristen und Formalien zu beachten. Will ein Erbe die Gemeinschaft nur verlassen, kann er seinen Anteil an Mit-erben oder Außenstehende verkaufen. Das kann Spannungen lösen, wenn dadurch die Anzahl der Miterben reduziert wird.
In einer Erbengemeinschaft gilt: Über die laufende Verwaltung entscheidet die Mehrheit nach Erbanteilen, über wichtige Fragen entscheiden nur alle gemeinsam. Einen Immobilienverkauf oder die endgültige Verteilung des Erbes können die Erben nur einstimmig beschließen.
Wichtig ist eine offene und geradlinige Kommunikation – jeder sollte seine Vorstellungen frühzeitig offenlegen und Vorschläge unterbreiten.
Hilfreich ist ein gemein- sames Nachlassverzeichnis, also eine Liste aller Vermögenswerte. Das schafft Klarheit. Kennt jeder die Wünsche der anderen, findet man leichter Kompromisse.
Wesentlicher Schritt hin zu einer Einigung ist sehr oft die Bewertung einzelner Nachlassgegenstände durch Gutachten als objektive Grundlage für weitere Verhandlungen über die Erbauseinandersetzung.
Eine Möglichkeit zur Aus-einandersetzung ist die Vermögensteilung gegen Auszahlung: Ein Miterbe übernimmt etwa ein bebautes Grundstück und zahlt die übrigen Erben aus. Jeder bekommt seinen Anteil und Wünsche können berücksichtigt werden.
Bei Immobilien stellt sich generell die Frage: behalten, verkaufen oder versteigern? Ein freihändiger Verkauf im Einvernehmen aller Erben bringt meist höhere Erlöse und vermeidet Streit.
Gelingt keine Einigung, bleibt als letzter Ausweg die Teilungsversteigerung. Dabei lässt das Gericht auf Antrag eines Miterben die Immobilie zwangsversteigern. Den Antrag kann jeder Miterbe alleine stellen. Widerstand anderer Mit-erben ist in der Regel erfolglos. Eine Versteigerung bringt zwar meist weniger als ein normaler Verkauf, kann aber den Stillstand beenden. Die Verteilung des Erlöses wird in einem gerichtlichen Verfahren gesondert geklärt.
Sofern dies bereits im Testament angeordnet wurde, kann ein Testamentsvollstrecker die Abwicklung übernehmen und Streit vermeiden, indem er alleine den letzten Willen umsetzt. In bestimmten Fällen kann das Nachlassgericht einen Nachlassverwalter oder -pfleger einsetzen, der vorübergehend die Verwaltung übernimmt, wenn die Voraussetzungen dazu vorliegen. Bei überschuldeten Nachlässen hilft ein Nachlass-insolvenzverfahren. Bei unbekannt verzogenen Miterben hilft ein Abwesenheitspfleger.
Wenn keine Einigung gelingt, bleibt der Gang vor Gericht. Mit einer Erbteilungsklage lässt sich die Aufteilung des Nachlasses erzwingen, aber das Verfahren ist langwierig. Gerichte bieten daher oft eine Mediation (Güterichterverfahren) an, in der ein Richter als Vermittler nach einer gütlichen Einigung sucht.
Es gibt viele Wege, Konflikte zu lösen. Ein Ende mit Schrecken ist oft besser als ein Schrecken ohne Ende – ein klarer Schnitt kann sinnvoller sein als jahrelanger Streit.
Mit Offenheit, Geduld und guter Beratung, lassen sich meist Lösungen finden und manchmal sogar einst gute Familienverhältnisse wiederherstellen. red