Veröffentlicht am 20.03.2025 17:27

Genetisch bedingte Nierenerkrankungen

Dr. med. Robin Satanovskij<br>Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie<br> (Foto: red )
Dr. med. Robin Satanovskij
Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie
(Foto: red )
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Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie
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Was versteht man unter genetisch bedingten Nierenerkrankungen?
Dr. Satanovskij://Genetisch bedingte Nierenerkrankungen sind Erkrankungen der Nieren, die durch Veränderungen im Erbgut verursacht werden. Diese genetischen Veränderungen können entweder vererbt oder durch spontane Mutationen neu entstanden sein. Solche Erkrankungen betreffen die Struktur oder Funktion der Nieren und können langfristig zu Nierenversagen führen. Dazu gehören beispielsweise die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD), das Alport-Syndrom, verschiedene Formen des nephrotischen Syndroms, lysosomale Speicherkrankheiten wie Morbus Fabry sowie andere erbliche Syndrome, die mit Nierenfunktionsstörungen einhergehen. Die genetische Basis vieler Nierenerkrankungen wird oft erst spät erkannt, da die Symptome häufig unspezifisch sind oder erst im Erwachsenenalter auftreten.

Wie häufig sind genetisch bedingte Nierenerkrankungen? Gibt es Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen?
Dr. Satanovskij://Ja, es gibt deutliche Unterschiede. Bei Kindern sind genetische Ursachen für Nierenerkrankungen mit etwa 70 % die häufigste Ursache für chronische Nierenerkrankungen. Bei Erwachsenen liegt der Anteil genetisch bedingter Nierenerkrankungen zwischen 10 und 15 %. Aufgrund der Fortschritte in der genetischen Diagnostik wissen wir heute, dass viele ungeklärte Nierenerkrankungen eine genetische Ursache haben. Die Dunkelziffer wird als sehr hoch eingeschätzt, da nicht alle Patienten genetisch untersucht werden und dies aus logistischen und auch Kostengründen nicht möglich ist. Mediziner schätzen, dass ein erheblicher Teil der genetisch bedingten Nierenerkrankungen bis heute nicht korrekt diagnostiziert wird, sodass es durchaus sein kann, dass bei Erwachsenen der Anteil genetisch bedingter Nierenerkrankungen sogar bei bis zu 30 % liegen könnte. Moderne Diagnostikmethoden helfen uns jedoch zunehmend, diese Ursachen besser zu erkennen, sodass Betroffene gezielte Therapieansätze erhalten können.

Wie hat sich das Wissen über genetische Nierenerkrankungen in den letzten Jahren entwickelt?
Dr. Satanovskij://Die Nephrologie hat in diesem Bereich enorme Fortschritte gemacht. Noch vor wenigen Jahren war die genetische Diagnostik von Nierenerkrankungen eine Ausnahme. Heute wissen wir, dass viele vermeintlich sporadische oder idiopathische Nierenerkrankungen tatsächlich eine genetische Grundlage haben. Durch moderne Sequenzierungstechnologien wie das Next-Generation-Sequencing (NGS) können wir nun eine Vielzahl genetischer Mutationen identifizieren und dadurch präzisere Diagnosen stellen. Das ermöglicht nicht nur eine bessere Patientenberatung, sondern oft auch eine gezieltere Behandlung. Zudem bieten neue Erkenntnisse aus der Forschung Ansätze für personalisierte Therapieoptionen, die auf die spezifische genetische Mutation des Patienten abgestimmt sind.

Wer sollte sich auf genetischbedingte Nierenerkrankungen untersuchen lassen?
Dr. Satanovskij:// Eine genetische Untersuchung kann für verschiedene Patientengruppen sinnvoll sein. Dazu gehören insbesondere Menschen mit einer familiären Vorgeschichte von Nierenerkrankungen, junge Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung unbekannter Ursache sowie Patienten mit einer auffälligen Nierenstruktur, wie Zystennieren. Auch wenn mehrere Familienmitglieder Nierenersatzverfahren wie Dialyse oder Nierentransplantation benötigten, sollte man eine genetische Abklärung in Betracht ziehen.

Wie läuft eine genetische Untersuchung ab und welche Tests gibt es?
Dr. Satanovskij:// Eine genetische Untersuchung sollte nur in spezialisierten Praxen oder Zentren erfolgen, welche auch die Berechtigung für eine fachgebundene genetische Beratung führen. Eine genetische Untersuchung beginnt immer mit einer ausführlichen Anamnese. Wir sprechen mit dem Patienten über seine Krankheitsgeschichte, typische Symptome und fragen gezielt nach ähnlichen Erkrankungen in der Familie. Gerade bei Nierenerkrankungen kann eine familiäre Häufung ein Hinweis auf eine genetische Ursache sein. Wenn sich aus der Anamnese ein begründeter Verdacht ergibt, erfolgt nach ausführlicher Aufklärung und Zustimmung durch den Patienten die genetische Testung. Diese erfolgt in der Regel durch eine einfache Blutentnahme. Die Kosten werden in Deutschland vollständig von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. In einem spezialisierten Labor wird dann die DNA untersucht, um herauszufinden, ob genetische Veränderungen vorliegen, die die Erkrankung erklären können. Dafür stehen uns verschiedene Methoden zur Verfügung: u.a. Einzelgen-Analyse, Panel-Diag-nostik, Exom-Sequenzierung (WES – Whole Exome Sequencing), Ganzgenom-Sequenzierung (WGS – Whole Genome Sequencing). Falls eine genetische Veränderung nachgewiesen wird, folgt eine ausführliche Beratung. Wir erklären dem Patienten, welche Auswirkungen diese Veränderung auf seinen Gesundheitszustand hat, ob es für ihn selbst oder für seine Familienmitglieder Konsequenzen gibt und welche Therapie- oder Präventionsmöglich-keiten bestehen. In manchen Fällen können wir frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder spezifische Medikamente einzusetzen. Die genetische Diagnostik hilft uns also nicht nur bei der Diagnosestellung, sondern ermöglicht oft auch eine gezielte, personalisierte Therapie.

Welche Möglichkeiten gibt es für Betroffene, wenn eine genetisch bedingte Nierenerkrankung diagnostiziert wird?
Dr. Satanovskij: Das hängt von der spezifischen Erkrankung ab. Die meisten genetischen Nierenerkrankungen sind derzeit nicht heilbar, aber wir können durch gezielte Maßnahmen den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Dazu gehören blutdrucksenkende Medikamente, spezielle Diäten und in manchen Fällen neue medikamentöse Therapieansätze, die direkt in die Krankheitsmechanismen eingreifen. Bei bestimmten Erkrankungen, wie der ADPKD, gibt es mittlerweile Medikamente, die das Fortschreiten verlangsamen können. Zudem werden neue medikamentöse Therapien erforscht, die zukünftig eine personalisierte Behandlung ermöglichen könnten.

Gibt es abschließend etwas, das Sie den Lesern mit auf den Weg geben möchten?
Dr. Satanovskij:// Ja, genetische Nierenerkrankungen sind häufiger als lange gedacht, aber mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten können wir viel tun, um den Verlauf positiv zu beeinflussen. Wenn Sie oder Ihre Familie von einer ungeklärten Nieren-erkrankung betroffen sind, zögern Sie nicht, sich beraten zu lassen. Eine frühzeitige Diagnose kann entscheidend sein, um die bestmögliche Therapie zu erhalten und langfristige Komplikationen zu vermeiden. Die moderne Medizin bietet uns heute Möglichkeiten, die wir vor einigen Jahren noch nicht hatten. Wir setzen auf modernste Diagnostikmethoden und arbeiten eng mit führenden genetischen Labors zusammen. Unsere Praxis nutzt innovative Technologien, um genetische Nierenerkrankungen frühzeitig zu erkennen. Zudem bieten wir eine umfassende Beratung und personalisierte Therapieansätze an. Unser ganzes Team sorgt dafür, dass unsere Patienten nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen betreut werden. Wir sind stolz darauf, unseren Patienten die bestmögliche Behandlung nach modernsten Standards zu bieten.


Von Gabriele Munzert
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