Hervorragende Sängerinnen und Sänger aus aller Herren Länder, die sich im Sommer immer wieder in Bayreuth treffen: Der vielfach ausgezeichnete Festspielchor ist wahrlich einmalig. Inbayreuth.de blickt hinter die Kulissen und zeigt in einer Artikelreihe spannende Karrieren und außergewöhnliche Lebensläufe. Heute: der Bass Oliver Pürckhauer sowie seine Frau, die Harfenistin und Opernsängerin Claraliz Mora.
Oliver, seit 2018 singst du im Festspielchor, doch Opernsänger stand eigentlich nicht ganz oben auf deiner Berufswahlliste.
Nein, eigentlich habe ich Saxophon gespielt, und nach dem Abi habe ich zwar in Stuttgart für einen Studienplatz am Lehrstuhl für Schulmusik vorgespielt, ging aber davon aus, dass ich nicht bestehe. Eigentlich wollte ich nämlich Chemie studieren. Doch dann haben sie mich genommen. Musiklehrer zu werden, war zwar auch nicht gerade mein Lebensziel, aber für meine musikalische Ausbildung hat das Studium sehr viel gebracht: Neben meinem Hauptinstrument Saxophon habe ich auch viel über Orchester- und Chorleitung sowie viel Musiktheorie gelernt. Und natürlich auch Gesangsunterricht gehabt. Dort stellte es sich ziemlich schnell heraus, dass ich vielleicht umsteigen sollte von Saxophon auf Gesang. Ich sang im Hochschulchor und bekam schon während des Studiums die ersten kleinen Jobs. Den Master habe ich in Mannheim gemacht und hatte schon während des Studiums eine Stelle im Mannheimer Opernchor.
Doch dann kam es anders ...
Ich bekam nach einem Vorsingen die Möglichkeit, nach Mailand an die Accademia della Scala zu gehen, das Opernstudio der Mailänder Scala. Das konnte ich nicht ablehnen, also ging ich nach Italien und von dort aus nach Mexiko. Denn in der Zwischenzeit hatte ich meine Frau kennengelernt, die dort lebte. Nach Europa bin ich nur noch für Prüfungen und Jobs zurückgeflogen. Nachdem unsere erste Tochter Luna geboren wurde, haben wir dennoch den Entschluss gefasst, zurück nach Deutschland zu gehen, denn in Mexiko gab es weder für mich noch für Claraliz Karrieremöglichkeiten. In Stuttgart konnten wir keinen Wohnraum finden, also entschlossen wir uns, nach Bayreuth zu ziehen, wo ich ja eh als Sänger im Festspielchor zweieinhalb Monate im Jahr verbringen würde.
Und ihr habt euch richtig gut eingelebt.
Das stimmt. Wir haben sofort Anschluss gefunden, es gibt so viele kulturinteressierte Menschen hier, und wir können hier recht einfach musikalische Projekte umsetzen, was in einer größeren Stadt wahrscheinlich nicht so wäre. Mittlerweile wohnen wir in einem Haus, in dem wir einem Teil unseres Jobs nachgehen können: Claraliz unterrichtet Harfe und Gesang, ich Gesang. Für den anderen Teil, also Projektarbeit für Events, muss man eh unterwegs sein. Da ist es im Grunde egal, wo man wohnt.
Was schätzt ihr in Bayreuth am meisten?
Alles ist nah beieinander, die Stadt ist grün mit ihren vielen Parks, und das Fichtelgebirge bzw. die Fränkische Schweiz vor der Tür sind Gold wert. Für Familien ist Bayreuth einfach perfekt, man hat alles, was man braucht, und es ist gut möglich, die Balance zwischen der musikalischen Arbeit und Familie zu halten.
Und die Arbeit im Festspielchor?
Die ist einfach bereichernd. Das Niveau ist so unglaublich hoch, das erreichen viele andere Opernhäuser nicht. Dort geht es damit los, dass die Sängerinnen und Sänger ihre Partie lernen. Bei uns müssen wir sie bei Probenbeginn können – und so können wir gleich mit der musikalischen Detailarbeit anfangen und damit die hohe Qualität hochhalten. Und Wagner ... Seine Musik ist einfach unglaublich, vieles von dem, was er komponiert hat, hat die Musikwelt umgekrempelt. Es macht große Freude, ihn zu singen.
Claraliz, du kommst aus einer musikalischen Familie, dein Vater ist ebenfalls Opernsänger. Da war dein Leben vorgezeichnet, oder?
Irgendwie schon. Als ich klein war, lebten wir in New York, da mein Vater an der Juilliard School of Music war. Ich bekam bereits mit sechs Jahren Klavierunterricht, und mit zehn kam zufällig Marie-Pierre Langlamet in mein Leben, eine der besten Harfenistinnen der Welt. Sie war spielte damals die erste Harfe an der MET und bot meinem Vater an, mir Unterricht zu geben, wenn er sie in Gesang unterrichtet. Das prägt natürlich. Als wir nach Mexiko zurückgingen, bekam ich auch sofort eine Festanstellung in einem Profiorchester, denn klassische Harfenistinnen sind in Mexiko rar. Da war ich dreizehn. In die Schule ging ich dank einer Sonderregelung nur samstags. Das hatte natürlich Vorteile – ich verdiente mein eigenes Geld, konnte verschiedensten Hobbys nachgehen, ohne meinen Eltern auf der Tasche zu liegen. Der Nachteil war, dass ich kaum Freunde hatte, da ich ja nicht zur Schule ging. Ich bin im Endeffekt ab dem Teenageralter nur unter Erwachsenen gewesen. Irgendwann kam noch der Gesang dazu, ich wollte einfach schon immer singen, und anfangs nahm ich Unterricht bei meinem Vater. Nach dem Schulabschluss habe ich meinen Bachelor in Harfe und Gesang in New York gemacht, für den Master wollte ich dann aber nach Deutschland, und so studierte ich dann in Stuttgart, wo ich auch Oliver kennenlernte.
Kam der Festspielchor für dich nie in Frage?
Doch, aber die Mädchen sind mit sieben und drei noch zu klein, Oliver und ich hätten ja dann nahezu die gleichen Arbeitszeiten. Aber wenn sie größer sind und sich die Gelegenheit ergibt, könnte ich mir vorstellen vorzusingen.
Wie stellt ihr euch eure Zukunft vor?
Oliver: Es kommen viele tolle Projekte auf mich zu, Beethovens Neunte in der Stadtkirche oder das Weihnachtsoratorium. So kann es auf jeden Fall weitergehen. Ich möchte außerdem gerne noch mehr talentierte Schülerinnen und Schüler unterrichten und bald auch mit ihnen ein Vokalensemble auf hohem Niveau gründen.
Claraliz: Ich möchte gerne mehr mit Orchestern singen und mich weiterentwickeln. Wir wollen weiterhin selbst Aufführungen organisieren und an Musikfestivals und anderen Veranstaltungen teilnehmen, in Bayreuth und der Region, aber auch deutschlandweit.
Vielen Dank für das Interview!