Das Klinikum Bayreuth erfindet sich neu. Das heißt vor allem: Es baut sich neu. Für sage und schreibe 800 Millionen Euro soll ein hochmodernes neues Operationszentrum entstehen. Das haben Oberbürgermeister Thomas Ebersberger als Aufsichtsratsvorsitzender der Klinikum Bayreuth GmbH, Landrat Florian Wiedemann als Vorsitzender des Krankenhauszweckverbandes und Dietmar Pawlik, Geschäftsführer der Klinikum Bayreuth GmbH am Freitag (3. Mai 2024) gemeinsam im Bayreuther Rathaus verkündet.
Die jahrelangen Gedankenspiele um einen Neubau des Klinikums an anderer Stelle in Bayreuth sind somit endgültig vom Tisch. Der Neubau soll abschnittsweise erfolgen. Ende 2025 könnte es losgehen, Mitte der 2030er Jahre könnte es, Stand jetzt, fertig sein. Ebersberger sprach von „intensiven Sitzungen”, die dieser Entscheidung vorausging, Wiedemann gab zu, ihm seien einige Steine der Erleichterung vom Herzen gepurzelt.
Und damit nicht genug: Das Klinikum kauft das Medizinische Versorgungszentrum der Med 360° in der Spinnereistraße zum 1. Juli 2024 gleich mit auf. Neben stationären Behandlungen sollen ambulante Operationen das Portfolio erweitern.
Diese Entscheidung schneidet alte Zöpfe ab. Das zuletzt geltende Moratorium, das den Großbau auf Eis gelegt hatte, ist aufgehoben. Die Geschäftsführung der Klinikum Bayreuth GmbH wird bestehende Pläne zum Neubau des Klinikums beauftragt.
Für Klinikum-Chef Pawlik ist ein modernes und ausreichend dimensioniertes OP-Zentrum im neuen Klinikum „von existenzieller Bedeutung”, wie er betonte. Zwölf Operationssäle sind vorgesehen. Im ersten Bauabschnitt sollen Intensivstationen und sogenannte Intermediate-Care-Einheiten entstehen. Die Baumaßnahme in dem teilweise bereits angelegten Baufeld hinter dem Klinikum ist bereits genehmigt. Über eine Abwandlung der vorhandenen Bauplanungen, der sogenannten Tektur, lässt sich auch der vorhandene Förderbescheid des Freistaats Bayern nutzen.
In weiteren Bauabschnitten sind Gebäude für stationäre Pflege und ein Eltern-Kind-Zentrum denkbar. Laut Pawlik steige man in den kommenden Wochen und Monaten in die Detailplanung ein. Weiterer positiver Nebeneffekt laut der Entscheider: Die vergleichsweise flexible Handhabung beim Bau lasse Spielraum für etwaige Anpassungen während des Prozesses der Krankenhausreform.
Nach aktuellen Berechnungen steht für die Großbaustelle ein Finanzvolumen von 800 Millionen Euro im Raum. Pawlik: „Aus eigenen Mitteln wird dieser Betrag definitiv nicht zu stemmen sein.” Entsprechend ist die Förderung durch den Freistaat essentiell. Sie soll bei 70 Prozent liegen. Die Bauzeit dürfte nicht unter zehn Jahren liegen, eher darüber.
Der Klinikbetrieb im bisherigen Klinikum wenige Meter weiter soll ohne größere Einschränkungen weiterlaufen. „Wir nehmen vom Bestand etwas weg und werden neu bauen”, kündigt Ebersberger voneinander getrennte Gebäude an. Nicht unwichtig bei einer solchen Mammutbaustelle: „Es wird keine Beeinträchtigung von Patienten geben”, betont Pawlik. Und: In Zeiten des fast schon chronischen Fachkräftemangels wolle man auch die Mitarbeiterzufriedenheit steigern und eine gute bauliche Arbeitsumgebung schaffen.
Bei diesen Dimensionen fällt die Übernahme des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) an der Spinnereistraße fast schon als Randnotiz aus. Doch zu Unrecht: Die Klinikum Bayreuth GmbH will bedarfsgerechter Patientenversorgung Rechnung tragen und die Durchführung ambulanter Operationen weiter fördern.
Nun bestand die Möglichkeit, sowohl die kassenärztlichen Sitze als auch die Räumlichkeiten des Bayreuther Med 360°-Standorts zu übernehmen. Das bundesweite Med 360° hat seinen Sitz in Leverkusen. Die Zustimmung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Übertragung der Sitze an die eigens neu gegründete Med Zentrum Klinikum Bayreuth GmbH gilt für diesen Schritt als Voraussetzung, sollte jedoch eine Formalie sein. An der alten Spinnerei sollen dann, unter dem Dach des Klinikums Bayreuth, das gesamte Spektrum ambulanter Operationen durchgeführt werden können.