Gesetzlich kann nach einer Trennung und einer Scheidung demjenigen Ehegatten, der über das geringere Einkommen verfügt, ein Unterhaltsanspruch zustehen. Der Unterhalt kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass ein getrenntlebender oder geschiedener Ehegatte gemeinsame Kinder betreut oder auch allein daraus, dass der eine Ehegatte/geschiedene Ehegatte ein geringeres Einkommen hat als der andere Ehegatte. Daneben gibt es noch weitere Unterhaltstatbestände.
Allerdings wird bei der Berechnung des Unterhalts nicht nur auf das tatsächlich vorhandene Einkommen der Ehegatten abgestellt.

Es kann auch darauf ankommen, was der den Unterhalt fordernde Ehegatte verdienen könnte, wenn er einer ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit nachgehen würde. In diesem Fall erfolgt im Rahmen der Unterhaltsberechnung in bestimmten Fällen die Hinzurechnung eines sogenannten fiktiven Einkommens. Dies führt dazu, dass sich der Unterhaltsanspruch reduziert. Umgekehrt wird auch dem zum Unterhalt verpflichteten Ehegatten ein fiktives Einkommen zugerechnet, wenn er seine Erwerbsobliegenheit nicht erfüllt. Basierend hierauf erfolgt dann wiederum die Ermittlung der Höhe des dem anderen Ehegatten zustehenden Unterhalts.

Eine Verletzung der Erwerbsobliegenheiten liegt sowohl beim Unterhaltsberechtigten als auch beim Unterhaltsverpflichteten dann vor, wenn nicht das Einkommen erzielt wird, das im Rahmen einer zumutbaren Tätigkeit erzielt werden könnte. Einschränkungen in Bezug auf die Verpflichtung der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in Vollzeit oder in Teilzeit können sich beispielsweise daraus ergeben, dass die berufliche Tätigkeit nicht mit der Kinderbetreuung vereinbar ist.

Allerdings besteht ab der Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes in der Regel die Verpflichtung zu einer (Vollerwerbs)-Tätigkeit, wenn die vor Ort vorhandenen Möglichkeiten der Kinderbetreuung (Kindergarten, Hort) die berufliche Tätigkeit mit der Kinderbetreuung vereinbaren lassen. Bei diesem Unterhaltstatbestand ist immer auf den Einzelfall abzustellen. In der Regel muss ein kinderbetreuender Ehegatte nicht sofort ab der Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes in Vollzeit arbeiten.

Es wird im Falle einer gerichtlichen Klärung des Unterhalts immer genau geprüft, wie sich die Kinderbetreuung mit der beruflichen Tätigkeit in Einklang bringen lässt. Hierbei spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle, wie z. B. die Fremdbetreuungsmöglichkeiten, die Beteiligung des anderen Elternteils an der Betreuung des Kindes und die konkrete berufliche Tätigkeit. Beispielsweise wird einer Pflegekraft im Schichtdienst keine Vollzeittätigkeit bei der Betreuung eines kleineren Kindes und eines Kindes in der Grundschule zugemutet werden können.

Anders kann dies bei einer Mutter gesehen werden, die als Lehrerin arbeitet. Es kommt aber auch jeweils darauf an, ob nur ein Kind vorhanden ist oder mehrere Kinder.

Auch dann, wenn ein Ehegatte aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen, unterbleibt die Zurechnung eines fiktiven Einkommens.
In einem gerichtlichen Verfahren muss immer derjenige Ehegatte, der sich darauf beruft, dass er nicht in Vollzeit arbeiten kann, genau darlegen und beweisen, weshalb dies der Fall ist. Oft wird dann ein Attest des behandelnden Arztes vorgelegt. Ein solches ärztliches Attest stellt jedoch in einem Unterhaltsverfahren keinen geeigneten Beweis dar.