„Rückenschmerzen sind ein häufiger Grund für Arbeitsausfälle und Kostenverursacher Nummer eins im Bereich des Bewegungsapparates“, sagt Dr. Maximilian Keil. Am Mittwoch, 04. Dezember, spricht er um 18 Uhr, im Rahmen eines Medizinischen Vortrags, in der Klinik Hohe Warte über Ursachen und Behandlungsalternativen. Diese reichen von Aktivierung und Bewegungstherapie bis hin zur hochkomplexen Operation. Dabei möchte er auch vermitteln: manchmal ist weniger mehr.
Herr Dr. Keil, Ihr Vortragstitel lautet „von zart bis hart“ – wo beginnt zart und wo endet hart?
Dr. Keil: Wir bieten das gesamte Spektrum der Wirbelsäulendiagnostik und -behandlung an. In manchen Fällen reicht es schon, Schmerzen zu lindern – medikamentös, mit physiotherapeutischer Aktivierung oder beispielsweise Wärme. In anderen Fällen geht das bis hin zu aufwendigen Operationen, beispielsweise bei schweren Deformitäten. Hier ist nicht nur der orthopädische Wirbelsäulenchirurg, sondern eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt.
Interdisziplinär – wie ist das zu verstehen?
Dr. Keil: Wir vereinen alle Fachdisziplinen, die mit Erkrankungen der Wirbelsäule zu tun haben. Neben der Orthopädie sind das vor allem Neuro- und Unfallchirurgie, die Physikalische und Rehabilitative Medizin, bei jungen Patientinnen und Patienten die Kinderklinik – und natürlich das Querschnittzentrum. Dazu die diagnostischen Fächer, vor allem die Radiologie, sowie die enge Zusammenarbeit mit der Orthopädietechnik. Gemeinsam können wir das gesamte Spektrum der Wirbelsäulenerkrankungen abbilden. Das ist in Oberfranken einzigartig und ein großer Pluspunkt.
Sie haben die Kinderklinik angesprochen – leiden auch Kinder schon häufig unter behandlungsbedürftigen Rückenschmerzen?
Dr. Keil: Ein schmerzbedingter längerer Behandlungsbedarf ist selten. Die Kinder in unserer Behandlung haben oft Deformitäten der Wirbelsäule. Das ist auch eines meiner Interessensgebiete – von der beobachtenden Begleitung der konservativen Therapie bis hin zu komplexen korrigierenden Operationen. Ich werde im Vortrag einige Beispiele zeigen. Aus der Behandlung von Kindern und Jugendlichen nimmt man durchaus auch Erkenntnisse mit, die bei der Therapie Erwachsener hilfreich sind. Für alle Altersgruppen gilt: Man muss die Wirbelsäule in ihrer Gesamtheit verstehen und mit Augenmaß entscheiden, wann es Zeit ist, von einer konservativen auf eine operative Therapie umzuschwenken.
Das heißt, am Anfang steht immer die konservative Therapie?
Dr. Keil: Das hängt von den Beschwerden und der Diagnose ab. In aller Regel wird das konservative Therapiespektrum ausgeschöpft. Das heißt: Schmerztherapie, aktivierende Physio- und Ergotherapie, oder gegebenenfalls eine orthopädietechnische Hilfsmittelversorgung. Wichtig für die Patientin oder den Patienten ist es, zu verstehen, dass bei kurzdauernden Beschwerden nicht gleich ein MRT notwendig ist. Eine patientenorientierte individuelle und leitliniengerechte Abstufung der Maßnahmen ist gefordert. Das kann dann natürlich auch zur Indikation einer Operation führen.
Wie kann diese aussehen?
Dr. Keil: Auch hier gibt es viele Abstufungen, wie der etwas provokante Vortragstitel schon sagt. Ein kleiner Eingriff sind Interventionen wie Injektionen oder die Verödung schmerzvermittelnder Nerven an der Wirbelsäule. Bandscheibenvorfälle oder Engen des Rückenmarkkanals können durch kleinere Zugänge mikrochirurgisch oder, wie wir es zunehmend in der Neurochirurgie und Orthopädie etablieren, auch endoskopisch angegangen werden. Der Vorteil: Vor allem das Infektionsrisiko sinkt enorm und die Patientinnen und Patienten erholen sich schnell.
Es gibt aber natürlich auch Patientinnen und Patienten, bei denen man letztendlich entscheidet, fusionierend zu arbeiten. Dies verstehen viele als „Versteifen“. Aber wenn wir das in Erwägung ziehen, ist die Bewegungsfähigkeit in dem betroffenen Bereich der Wirbelsäule häufig ohnehin entweder übermäßig oder stark eingeschränkt. Das Wenige oder Zuviel an vorhandener Bewegung, verursacht extreme Schmerzen. Der Gewinn an Lebensqualität durch die Schmerzlinderung nach der OP überwiegt etwaige Nachteile einer Bewegungseinschränkung häufig deutlich, selbst bei langstreckigen Operationen, etwa bei verschleißbedingten Deformitäten. Einem solchen Eingriff geht natürlich immer eine individuelle Beratung über das Für und Wider voraus.
Medizinischer Vortrag
Mittwoch, 04. Dezember, 18 Uhr
Speisesaal im Therapiezentrum Klinik Hohe Warte, Hohe Warte 8.
Alles für die Wirbelsäule – von zart bis hart
Dr. Maximilian Keil, Leitender Oberarzt der Klinik für Orthopädie
Eintritt frei, Anmeldung nicht erforderlich.