Seit dieser Saison streift der US-Amerikaner Brandon Childress das medi-Dress über. Auf der Spielmacher-Position gibt er gemeinsam mit Kapitän Bastian Doreth dem jungen Team Impulse und bringt die Mitspieler in Position – und schwingt sich ganz nebenbei selbst zum zuverlässigen Scorer auf.
Zum Saisonstart gegen die FRAPORT Skyliners aus Frankfurt steuerte Chlidress 30 Punkte bei, im letzten Heimspiel gegen die HAKRO Merlins Crailsheim waren es 16. Im Gespräch mit der Sonntagszeitung blickt der Spielmacher auf seine ersten Wochen in Bayreuth zurück. „Ich bin total fokussiert“, sagt Childress fest entschlossen – ehe ihm doch ein Lächeln über das Gesicht huscht.
Brandon, du punktest fleißig. Im Achtelfinale gegen Weißenfels hast du kurz vor Schluss ausgeglichen, ehe medi in Führung gegangen bist. Nun wartet Bayern München. Bist du ein Spieler für die entscheidenden Spielphasen?
Childress: Ich versuche immer fokussiert zu spielen. Auf meiner Position muss ich schnell Entscheidungen treffen, weil ich das Spiel vor mir habe. Wenn mir das gelingt, umso besser. Von daher würde ich schon sagen, dass ich ein Spieler für die Crunch Time gegen Ende des Spiels bin.
Du hast vorher in Estland gespielt, einer Liga mit nur wenigen Profis. Laut Coach Masell bist du dort ein echter Leader gewesen und hättest dort Spieler an die Hand genommen. Wie kannst du mit deiner Spielweise auch das Spiel von medi Bayreuth prägen?
Childress: Lars gibt uns eine Idee mit auf den Court, die versuchen wir umzusetzen. Ich vertraue meinen Mitspielern. Die sollen auch selbst an ihr Potenzial glauben. Wenn das der Fall ist, habe ich richtig viel Spaß am Spiel – so wie jetzt.
Gibt es ein Spiel, das für dich im medi-Dress bisher das härteste war?
Childress: Alle Spiele sind tough. Es gibt nach meiner Einschätzung keine schlechten Teams in der Liga. Ein Aufsteiger wie die Rostock Seawolves steht aktuell oben. Damit haben nicht viele gerechnet nach den ersten Spielen. Jeder kann jeden schlagen. Die Hamburg Towers sind extrem schwer zu spielen. Wir haben in der Vorbereitung und am 3. Spieltag zu Hause gegen sie gespielt – da haben sie uns eine ziemlich schmerzhafte Niederlage zugefügt. Dieses Team hat eine Idee von Basketball. Ich war nicht gut drauf, das wurmt mich extrem. Im Rückspiel will ich das besser machen.
Der Spielmacher gilt als verlängerter Arm des Trainers. Stimmst du dem zu?
Childress: Absolut. Für mich ist der Spielmacher beim Basketball das, was der Quarterback beim American Football ist. Du musst Spielzüge vorausahnen und das Spiel antizipieren. Dann gilt es, die Mitspieler entsprechend in Position zu bringen. Es ist kein Zufall, dass Spielmacher beim Dribbeln mit dem freien Arm die Teamkollegen dirigieren. Wenn die Ernte eingefahren ist, dann bin ich auch für einen Spaß zu haben.
Bedeutet das mehr Druck für dich auf dieser Position, wenn du auf dem Feld stehst?
Childress: Was mich selbst betrifft: Ich versuche einfach, mir keinen Druck zu machen, stelle aber höchste Ansprüche an mich selbst. Ich bin beim Spiel und Training total fokussiert und mit vollem Ernst dabei. Wenn der Coach von draußen Anweisungen ruft, muss ich die verstehen und umsetzen. Auch interessant: Vor der Saison sprach Coach Lars Masell mit Blick auf das medi Team von einer „Riesenchance”.
Warum hast du dich für die Nummer 0 auf deinem Trikot entschieden?
Childress: Die Null erinnert mich daran, dass alles einen Anfang hat. Ich habe mir im Basketball alles selbst erarbeitet. Nicht, weil ich nicht andere Möglichkeiten gehabt hätte, sondern weil ich es so wollte. Das erdet mich. Ich will nichts geschenkt bekommen, weil mich jemand für einen coolen Typen hält. Das läuft bei mir nicht. Ich trage die 0 bereits seit der High School auf meinen Rücken.
Gerade endete das Training. Du stehst als einer der letzten beiden Spieler noch auf dem Court.
Childress: Das ist kein Zufall. Ich bin einfach sehr ehrgeizig.
Brandon Childress tankt sich beim Saisonauftakt gegen Frankfurt durch. Bild: Ochsenfoto.de
Hast du sportliche Vorbilder?
Childress: Penny Hardaway! Der prägte in den 90er-Jahren mit Shaq O’Neal das Spiel von Orlando Magic. Von den aktuellen Spielern: Kyrie Irving. Er drückt den Spielen regelmäßig seinen Stempel auf.
Gibt es einen Gegner in der BBL, auf den du dich besonders freust?
Childress: Die BBL ist eine neue Liga für mich. Ich kenne längst noch nicht alle Spieler. Aber ich freue mich vor allem darauf, mich immer mit den gegnerischen Spielmachern zu messen, egal wie sie heißen. Diese Duelle will ich für mich entscheiden, um medi bestmöglich zu helfen.
Du warst im Juni der erste medi-Neuzugang der Saison. Konntest du dich schon gut in Bayreuth einleben?
Childress: Natürlich. Bayreuth ist eine kleine Stadt, die mich ein bisschen an meine Heimatstadt erinnert. Ich bin kein Big-City-Typ.
Hast du einen Lieblingsort in Bayreuth?
Childress: Also wenn ich mir mal selbst kein Frühstück machen möchte, dann gehe ich gerne ins Café Florian. Natürlich nicht jeden Tag und nur dann, wenn wir nicht zu früh trainieren. Ich hänge dann gerne auch mal alleine ab und chatte währenddessen mit Familie und Freunden zu Hause in den Staaten. Ansonsten erhole ich mich gerne auch mal zu Hause. Ich habe gehört, dass Bayreuth ein paar tolle Parks haben soll. Gesehen habe ich sie aber noch nicht alle.
Dein Vater war auch Basketball-Profi, schaffte es sogar in die NBA. Sprecht ihr viel über Basketball oder klammert ihr den Sport aus?
Childress: Nach seiner NBA-Zeit spielte mein Dad auch in Europa. Er gibt mir wertvolle Tipps, was die Unterschiede zwischen dem NBA-Basketball und dem in Europa betrifft. Er ist mein Vater, mein Mentor und großer Bruder in einer Person. Er will irgendwann mal nach Bayreuth kommen und meine Spiele live sehen.
Du bist 25 Jahre alt, bist in Europa bereits gut rumgekommen. Bist du alleine nach Bayreuth gekommen?
Childress: Ja. Seit ich nach Europa gekommen bin, behaupte ich mich allein, so gut es geht. Erst in Griechenland, dann in Estland. Jetzt in Bayreuth. Ich fühle mich wohl hier und wurde hier in der Stadt gut aufgenommen.